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08_Verkehrsgeschichte
Altstraßen, Wege und Steige
Die Geschichte der Post
Die Geschichte der Bahn
Beiträge 01
Bereits in vorgeschichtlicher Zeit läßt sich ein Warenaustausch zwischen der Donau- und Moldauregion nachweisen. Auf den uralten Salzsteigen über den Böhmerwaldsattel wurden aber nicht nur Salz und diverse Handelsgüter transportiert. Sie waren auch Grundlage vielfältiger kultureller Beziehungen der beiden benachbarten Regionen. Bild: Säumerzug mit bewaffnetem Geleit. Stich aus dem Werk von Jacob Savary, Der vollkommene Kauff- und Handels-Mann, Genf 1676
01_Alte Handelswege nach Böhmen

Altstraßen, Saumwege und Steige durch das südöstliche Abteiland nach Böhmen

 

Das Gebiet nördlich der Donau war seit jeher Durchgangsland von der Donau aus zur Moldau.

Bereits zur Zeit der Kelten ist eine stammesmäßige Verbindung zwischen dem Land nördlich der Donau und dem südlichen Moldaugebiet nachgewiesen. Das antike Bohaemum reichte von der Donau bis tief nach Böhmen hinein. Somit muss es damals bereits Verbindungswege über den Böhmerwaldsattel gegeben haben.

Aus dieser Zeit sind auch Verbindungen unseres Raumes zu den damaligen Zentren des Salzabbaus bei Reichenhall und Dürrnberg bei Hallein belegt.

An beiden Orten nämlich wurden Bruchstücke von Salzsudpfannen aus Graphitton gefunden, deren Rohmaterial Graphit nachweislich aus unserer Gegend stammt.

Da das Gebiet nördlich der Donau, ebenso wie Böhmen, auf die Salzeinfuhr angewiesen war, ist anzunehmen, dass Salz aus den antiken Salzabbaugebieten des Alpenraums auch über unsere Graphitabbauregion nach Böhmen transportiert wurde.

 

Die Handelsbeziehungen unserer Region zum Nachbarland Böhmen

in den schriftlichen Quellen

Erste schriftliche Hinweise auf den Handel von der Donau aus nach Böhmen finden sich in den Quellen des hohen Mittelalters.

Am 19.04.1010 schenkte König Heinrich II. zu Regensburg dem Kloster Niedernburg in Passau den ganzen böhmischen Zoll: „cum toto tamen Boemiensi theloneo“.
Mit dem „ganzen böhmischen Zoll“ dürften nicht nur die Mauteinnahmen auf dem später so bezeichneten „Goldenen Steig“ gemeint gewesen sein, sondern auf allen, vom Abteiland nach Böhmen führenden Wegen und Steigen.

 

 

 

 

 

Spätmittelalterliches Wegenetz durch das Abteiland nach Böhmen

Bereits seit dem Mittelalter lässt sich ein relativ dichtes Netz dieser Wege und Steige für den Saumhandel nach Böhmen nachweisen.

 

 

 

Der Plan aus der Zeit um 1600 zeigt u.a.

  • die von Passau ausgehenden drei Zweige des sog. „Goldenen Steiges“,
  • die von Hauzenberg Richtung Lichtenberg und Oberplan führende Route,
  • die von Schärding am Inn aus nach Pyrawang bzw. Kasten und von Obernzell über Untegriesbach, Wegscheid und durch das Mühlviertel nach Südböhmen zielende Straße.

Die Sonderstellung der Märkte des südöstlichen Abteilandes

Die Märkte Hauzenberg, Griesbach (Obernzell / Untergriesbach)und Wegscheid

nahmen ursprünglich eine Sonderstellung in Bezug auf den regionalen und überregionalen Handel ein:

 

Als einzige Orte des Abteilandes wurde ihnen in den Markt-und Ehaftrechten
- der Handel mit Salz

- und die Zuständigkeit für die Sicherung der Handelswege

zugestanden.


Sie hatten das Recht zum Ergreifen sogenannter „landschädlicher Leute“ zwischen

 „der gemerckt hinab bis an den Haselpach“
(bei Linz) und „innerhalb der gemerckt zu Beheim“


Diese Rechte belegen:

  • zum einen die Handelsverbindungen der Marktbürger zum Nachbarland Böhmen und donauabwärts Richtung Linz
  • zum anderen die Sicherung dieser Handelswege mit Hilfe der hier ansässigen Marktbürger.

Inhalt und Grenzangaben weisen diese Rechte als ältere, bereits auf die vorpassauische Zeit zurückreichende Rechte aus, in der der Passauer Bischof noch nicht Herr des Gebietes nördlich der Donau war.

 

                  

 

Der Handel, ein wirtschaftliches Standbein des Rodungsadels

Wenn die genannten Rechte bereits in die vorpassauische Zeit zurückreichen, so muss der Handel  neben der landwirtschaftlichen Erschließung des Raumes  bereits ein  wirtschaftlicher Schwerpunkt der adeligen Rodungsunternehmer gewesen sein.

Ihre Aufgabe bestand hier in der Organisation, der Sicherung und dem Unterhalt der Saumwege und Straßen. Deshalb errichteten sie ihre Burgen auch immer in der Nähe solcher Handelswege.

 

       

Somit dürften es die adeligen Rodungsunternehmer gewesen sein, die im Auftrag des Klosters Niedernburg ab dem 11. Jahrhundert den Ausbau und die Sicherung der Wege, Steige von der Donau aus Richtung Südböhmen in Angriff nahmen. Das Beispiel der Griesbacher zeigt, dass ihre Aktivitäten auch die Region der sogenannten Goldenen Steige abdeckten.

Auf ein gemeinsames Vorgehen der hier ansässigen Adelsgeschlechter, der Griesbacher, Halser, Hauzenberger und Watzmannsdorfer deuten die einheitlichen Marktrechte ebenso hin, wie ihre einheitlichen Ortsgrundrisse und die Ausrichtung der Marktstraßen Richtung Donauhafen Obernzell.

Griesbach in der Zell, wie Obernzell auch genannt wurde, war allem Anschein nach von Anfang an als zentraler Handelsplatz und Umschlaghafen vorgesehen für die Produkte aus dem südöstlichen Abteiland sowie für Salz und Südwaren, die von Schärding am Inn auf dem Landweg zur Donauüberfahrt nach Pyrawang gebracht wurden.

 

Ansicht des hochstiftischen Marktes Obernzell vom Jahr 1720, aquarellierte Federzeichnung

von Joseph  Haas, Passauischer Hofingenieur

 

Konzentration des Handels mit Böhmen auf die sog. „Goldenen Steige“ in fürstbischöflicher Zeit.

 

 

 

Abb. Goldener Steig /Entwurf: Paul Praxl

 

Erst nachdem der Passauer Bischof Anfang des 13. Jahrhunderts Landesherr in der Region nördlich der Donau geworden war, wurde offensichtlich auch der Handel nach Böhmen schwerpunktmäßig auf Passau konzentriert und von dort auf die nordwestlichen Routen, die später so bezeichneten „Goldenen Steige“ umgeleitet.

Bischof Otto von Lonsdorf nämlich bestimmte auf dem Ilzstädter Landtag vom 26. Oktober 1256 unter anderem, dass neben den Böhmen nur seine Leute aus Waldkirchen, Schiefweg, Böhmzwiesel und Fürholz, aber kein anderer (et nullus alius) den Weg nach Böhmen begehen durfte.Damit sollte offensichtlich schon damals das bayerische Schärding als Handelskonkurrent weitgehend ausgeschaltet werden.

 

Darstellung der Stadt Schärding vom Westen, Kupferstich von1644

 

 

 

Die Hauptrouten durch das südöstliche Abteiland nach Böhmen

Wenn der Handel auf den "alten" Routen auch deutlich zurückgegangen sein dürfte, so kam er dennoch nicht vollständig erliegen. Dies wird  aus der ältesten Passauer Salzstraßenkarte deutlich, die um 1520 gezeichnet wurde. Sie zeigt ein bereits  ausgebautes, durch Burgen gesichertes und relativ dichtes Wegennetz von der Donau aus nach Norden, Richtung Böhmen.

 

 
Die Karte ist entstanden während des Salzstreites zwischen Passau und Schärding.
Passau sah damals sein Salzniederlagsrecht durch die damals noch bayerische Stadt Schärding geschmälert und versuchte die anderen Salztransportwege, die Passau umgingen, zu verbieten.
Vermerk auf der Rückseite:
„Abriß dessen von der Bayer. Statt Scherding begerten Urfahrs und Niderlag mit dem Halingischen und Schellenberg Saltz in der Cron Behaimb, zu Pürchenwang underhalbs Passaw“.

Dargestellt sind unter anderem:


a. Die Saumwege, die vom Tor der Ilzstadt (Gruebweg) ausgingen:

  •      3 Äste des sog. Goldenen Steiges (nach Prachatitz, Winterberg und Schüttenhofen), sie waren nur mit 
         Saumrössern begehbar.
  •      „Straß von Passaw auf Griesbach“ die einzige Straße, die mit Planwägen zu befahren war.

      Von dieser Straße deutet der Zeichner auch eine Abzweigung nach Hauzenberg an,
      die aber im Plan nicht mehr ausgearbeitet wurde.


b. Die Passau umgehenden Saumwege:
    Zu diesen gehörte die Straße, die von Schärding am Inn aus, zur  
    Donauüberfahrt nach Pyrawang führte, um von da über Obernzell und 
    Untergriesbach, Wegscheid als „Böhmische Straß“ die Verbindung mit Krumau
    bzw. Budweis herzustellen.


    Schon um 1300 wird der Weg von Obernzell über Untergriesbach, Wegscheid und 
    das Mühlviertel nach Böhmen als „alte freie Straße“ erwähnt.

    Die gegenüber der Bezeichnung „Steig“ höherrangige „Straße“ deutet auf einen
    Fahrweg für Karren hin, der auch im obigen Plan belegt ist.

    Die Griesbacher Leite, die nördlich des Gressenbaches aufsteigt, ist durchfurcht
    von einem Bündel alter Saumpfade. Die bis zu 15 Meter tief ausgetretenen und
    ausgeschwemmten Hohlwege erzählen vom regen Verkehr, der über viele
    Jahrhunderte von Obernzell aus die Höhe erklommen hat.
    Von Wegscheid aus führten die Salzwege  zu den Österreichischen Nachbarorten Julbach, Ulrichsberg und
    Peilstein.

    Von Rannariedl an der Donau führte ein Weg nach Hofkirchen, über Haslach nach Friedberg in
    Böhmen.

    Von Mühl (heute Obermühl) ging eine Route über Velden (heute Neufelden) nach Friedberg und von
    da weiter nach Krummau und Budweis.

 

 

Auf einem Plan von 1619 sind als Hauptrouten nach Böhmen der Goldene Steig (gulden Steig) und die Straße durch Wildenranna (Straß durch die wilde Rahnen mit Schölnberger Salz uf Prachadtiz und Pudweis) genannt.

 

 

Titel im Original: „Augenscheinlicher Abriß, so vornemblich antrifft den gulden Steig, der Straß des Hallein, und dann die Straß durch die wilde Rahnen mit Schölnberger Salz Uf Prachatditz und Pudtweis.“

Verfasser: Volckmer Tobias

Erscheinungsdatum: 1619

Der Plan zeigt u.a. auch die grobe, verbotene Route (schwarze Linie) von Hauzenberg Richtung Lichtenberg und Oberplan.

 

In die Hauptroute der „Böhmischen Straß“ von Obernzell über Griesbach nach Wegscheid mündete ein weit verzweigtes Netz von Nebenrouten.

Die ursprüngliche Verbindung von Hauzenberg her führte über den Radberg (Kleinrathberg) und Kasberg nach Wegscheid und traf dort auf die „Böhmische Straß“.

Diese alte Wegkreuzung dürfte auch dem Ort „Wegscheid“ den Namen gegeben haben.

 

Als die Besiedlung weiter nach Norden vorgedrungen war, folgten auch die Wege und Handelsrouten diesem Besiedlungsfortschritt.

Nachweisbar seit dem Spätmittelalter führte ein Steig von Hauzenberg über Freudensee, Raßreut, Kramersdorf, oberhalb Sickling vorbei nach Oberneureut. Er durchquerte die Sonninger und Breitenberger Wälder, gedeckt von einem Wehrbau auf dem „Gschloßberg“ im Kriegwald und zielte als alter Schefweg ins Tal der Großen Mühl. Dort überquerte er den Böhmerwaldkamm und endete in Südböhmen.

 

Ein zweiter Ast überquerte bei Dreihiasl den Grenzbach, zweigte nach Nordosten Richtung Seitelschlag, Salnau, Lichtenberg und Pfaffetschlag ab und gelangte über den Sperbühel zum alten Handelsweg auf dem Glöcklberger Paß, der dann über Glöcklberg nach Oberplan führte. Von dort zog er weiter nach Krumau und Budweis.

Diese beiden Routen schlugen die Kaufleute ein, um, wie es heißt, die Maut in Wildenranna zu umgehen, die Anfang des 16. Jahrhunderts dort eingerichtet worden war.

 

Die Handelsgüter

Vom florierenden, schwunghaften Handel auf dieser „vreye(n) strazz“ nach Böhmen und auf den aus Passauer Sicht verbotenen Schleichwegen (Schlieffwegen) z. B. über Hauzenberg, berichtet das Urbar der Herrschaft Falkenstein aus dem Jahr 1570.

In der Maut zu Wildenranna waren damals folgende Handelsgüter zu verzollen:

 

Vom Salz


Erstlichen von 1 Kueffen Schelmberger oder Mühlbacher

in Holz

6 Pfennig

 

von 1 Samb Salz

4 Pfennig

 

mehr von 1 kleinen Kueffel

1 Pfennig

Honig und Häringe

 

 

von einer Tonnen Honig

oder Hering

12 Pfennig

Schmalz, Khäsz, Oell



 

von 1 Cennten

6 Pfennig

Von Getraidt

 

 

von jedem Sämb Getraid

2 Pfennig

 

und so oft 1 Meczen Getraid, es sei Waiz, Korn, Gersten, Arbass oder Habern

zu ainzing oder auf Wägen gefürt wird

1 Pfennig,

 

von Meczen Malz

1 Pfennig

Wein und Bier

 

 

von 1 Eimer Wein

4 Pfennig

 

von 1 Eimer Bier

3 Pfennig

Von Rossen und Vieh

 

 

von 1 Roß, so fail ist

4 Pfennig.

 

von 1 Ochsen

4 Pfennig.

 

von 1 Khue

3 Pfennig

 

von 1 Kalben

2 Pfennig

 

von 1 jungen Kalb

1 Pfennig

 

von 1 Gais

1 Pfennig

 

von 1 Landschaff

1 Pfennig

 

von 1 hungarischen Schaf

1 Pfennig

 

von 1 feisten Schwein

3 Pfennig

 

von 1 mageren Schwein

2 Pfennig

 

Von Häuten und Fellen

 

 

von 1 Haut

1 Pfennig

 

von 4 Fellen

1 Pfennig

 

Von Wollen und Leintuch

 

 

von 1 ganzen Stück Wollen Tuch

4 Pfennig.

 

von 1 Stück färben Tuch

2 Pfennig

 

von 1 Stück Zwillich

3 Pfennig

Von Hopfen

 

 

von 1 Steig Hopfen

8 Pfennig

Von Kramgütern


 

Item von den Kramgütern darnach sie sind die Steig groß oder klein, was einer auf dem Rücken trägt zu Maut

2 Pfennig

Von Schüsseln und Tellern

 

 

von 1 Strang Schüsseln

3 Pfennig

 

von einhundert Tellern

1 Pfennig

Messer und Klingen

 

 

Von 1 Schock

8 Pfennig

Von Höfen (Anm. Töpfen)

 

 

1 Karren voll

3 Pfennig

Von Fischen und Krebsen

 


von 1 Fuder Fische, es seien Karpfen oder Hechte

3 Pfennig

 

von 1 Pfund Krebsen

2 Pfennig

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Die Karte aus der Mitte des 16. Jahrhunderts  belegt, dass Salzach, Inn und Donau  über Jahrhunderte als  Verkehrsachsen eines ausgedehnten Salzstraßensystems galten.

Titel im Original: Abriß des Fluß die Salza genannt, von Salzburck nach Burckhausen, von dannen des Innstroms bis …. Passaw

 

Dargestellt sind:

  • Die Donauüberfahrten:
    u.a. die Überfahrt bei Pyrawang für den Landweg von Schärding nach Pyrawang bzw. Obernzell
  • Die Salztransportwege nördlich der Donau, die entweder mit Planwägen zu befahren oder nur mit Säumern und Saumrossen zu begehen waren.
  • Die Ilzstadt als Ausgangspunkt der 3 Äste des Goldenen Steiges und der mit Planwägen befahrbaren Straße nach Griesbach ("Griesbach ob der Zell dem Bischoff zugehörig und Passaw")

 

 

 

 

 

 

Straßenplan der rechten und verbotenen Wege (Ende 16. Jh.)

 

 

Im Salzstreit zwischen Passau und Bayern im ausgehenden 16. Jahrhundert entstand unter anderem auch dieser Plan der rechten und verbotenen Wege. 

In der Legende am rechten unteren Rand heißt es dazu:

„Die plabe Lini beddeütten den gulden Steig von Böham mit dem Mülbach
Die roten Lini den Schelperger (Schellenberger Salz) zu füeren,
Die schwartz Lini sein Schliefweeg und verboten“

Schwarz eingegezeichnet ist auch hier der Weg von Hauzenberg über den Lichtenberg nach Oberplan. Dies war also eine verbotene Route, auf der man in erster Linie die Maut in Wildenranna umgehen wollte.

 

 

Texbeitrag: Georg Schurm

 

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