Bereits in vorgeschichtlicher Zeit läßt sich ein Warenaustausch zwischen der Donau- und Moldauregion nachweisen. Auf den uralten Salzsteigen über den Böhmerwaldsattel wurden aber nicht nur Salz und diverse Handelsgüter transportiert. Sie waren auch Grundlage vielfältiger kultureller Beziehungen der beiden benachbarten Regionen.
Bild: Säumerzug mit bewaffnetem Geleit.
Stich aus dem Werk von Jacob Savary, Der vollkommene Kauff- und Handels-Mann, Genf 1676
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Altstraßen, Saumwege und Steige durch das südöstliche Abteiland nach Böhmen
Das Gebiet nördlich der Donau war seit jeher Durchgangsland von der Donau aus zur Moldau. Bereits zur Zeit der Kelten ist eine stammesmäßige Verbindung zwischen dem Land nördlich der Donau und dem südlichen Moldaugebiet nachgewiesen. Das antike Bohaemum reichte von der Donau bis tief nach Böhmen hinein. Somit muss es damals bereits Verbindungswege über den Böhmerwaldsattel gegeben haben. Aus dieser Zeit sind auch Verbindungen unseres Raumes zu den damaligen Zentren des Salzabbaus bei Reichenhall und Dürrnberg bei Hallein belegt. An beiden Orten nämlich wurden Bruchstücke von Salzsudpfannen aus Graphitton gefunden, deren Rohmaterial Graphit nachweislich aus unserer Gegend stammt. Da das Gebiet nördlich der Donau, ebenso wie Böhmen, auf die Salzeinfuhr angewiesen war, ist anzunehmen, dass Salz aus den antiken Salzabbaugebieten des Alpenraums auch über unsere Graphitabbauregion nach Böhmen transportiert wurde.
Die Handelsbeziehungen unserer Region zum Nachbarland Böhmenin den schriftlichen QuellenErste schriftliche Hinweise auf den Handel von der Donau aus nach Böhmen finden sich in den Quellen des hohen Mittelalters. Am 19.04.1010 schenkte König Heinrich II. zu Regensburg dem Kloster Niedernburg in Passau den ganzen böhmischen Zoll: „cum toto tamen Boemiensi theloneo“.
Spätmittelalterliches Wegenetz durch das Abteiland nach BöhmenBereits seit dem Mittelalter lässt sich ein relativ dichtes Netz dieser Wege und Steige für den Saumhandel nach Böhmen nachweisen.
Der Plan aus der Zeit um 1600 zeigt u.a.
Die Sonderstellung der Märkte des südöstlichen AbteilandesDie Märkte Hauzenberg, Griesbach (Obernzell / Untergriesbach)und Wegscheid nahmen ursprünglich eine Sonderstellung in Bezug auf den regionalen und überregionalen Handel ein:
Als einzige Orte des Abteilandes wurde ihnen in den Markt-und Ehaftrechten - und die Zuständigkeit für die Sicherung der Handelswege zugestanden.
„der gemerckt hinab bis an den Haselpach“ Diese Rechte belegen:
Inhalt und Grenzangaben weisen diese Rechte als ältere, bereits auf die vorpassauische Zeit zurückreichende Rechte aus, in der der Passauer Bischof noch nicht Herr des Gebietes nördlich der Donau war.
Der Handel, ein wirtschaftliches Standbein des RodungsadelsWenn die genannten Rechte bereits in die vorpassauische Zeit zurückreichen, so muss der Handel neben der landwirtschaftlichen Erschließung des Raumes bereits ein wirtschaftlicher Schwerpunkt der adeligen Rodungsunternehmer gewesen sein. Ihre Aufgabe bestand hier in der Organisation, der Sicherung und dem Unterhalt der Saumwege und Straßen. Deshalb errichteten sie ihre Burgen auch immer in der Nähe solcher Handelswege.
Somit dürften es die adeligen Rodungsunternehmer gewesen sein, die im Auftrag des Klosters Niedernburg ab dem 11. Jahrhundert den Ausbau und die Sicherung der Wege, Steige von der Donau aus Richtung Südböhmen in Angriff nahmen. Das Beispiel der Griesbacher zeigt, dass ihre Aktivitäten auch die Region der sogenannten Goldenen Steige abdeckten. Auf ein gemeinsames Vorgehen der hier ansässigen Adelsgeschlechter, der Griesbacher, Halser, Hauzenberger und Watzmannsdorfer deuten die einheitlichen Marktrechte ebenso hin, wie ihre einheitlichen Ortsgrundrisse und die Ausrichtung der Marktstraßen Richtung Donauhafen Obernzell. Griesbach in der Zell, wie Obernzell auch genannt wurde, war allem Anschein nach von Anfang an als zentraler Handelsplatz und Umschlaghafen vorgesehen für die Produkte aus dem südöstlichen Abteiland sowie für Salz und Südwaren, die von Schärding am Inn auf dem Landweg zur Donauüberfahrt nach Pyrawang gebracht wurden.
Ansicht des hochstiftischen Marktes Obernzell vom Jahr 1720, aquarellierte Federzeichnung von Joseph Haas, Passauischer Hofingenieur
Konzentration des Handels mit Böhmen auf die sog. „Goldenen Steige“ in fürstbischöflicher Zeit.
Abb. Goldener Steig /Entwurf: Paul Praxl
Erst nachdem der Passauer Bischof Anfang des 13. Jahrhunderts Landesherr in der Region nördlich der Donau geworden war, wurde offensichtlich auch der Handel nach Böhmen schwerpunktmäßig auf Passau konzentriert und von dort auf die nordwestlichen Routen, die später so bezeichneten „Goldenen Steige“ umgeleitet. Bischof Otto von Lonsdorf nämlich bestimmte auf dem Ilzstädter Landtag vom 26. Oktober 1256 unter anderem, dass neben den Böhmen nur seine Leute aus Waldkirchen, Schiefweg, Böhmzwiesel und Fürholz, aber kein anderer (et nullus alius) den Weg nach Böhmen begehen durfte.Damit sollte offensichtlich schon damals das bayerische Schärding als Handelskonkurrent weitgehend ausgeschaltet werden.
Darstellung der Stadt Schärding vom Westen, Kupferstich von1644
Die Hauptrouten durch das südöstliche Abteiland nach BöhmenWenn der Handel auf den "alten" Routen auch deutlich zurückgegangen sein dürfte, so kam er dennoch nicht vollständig erliegen. Dies wird aus der ältesten Passauer Salzstraßenkarte deutlich, die um 1520 gezeichnet wurde. Sie zeigt ein bereits ausgebautes, durch Burgen gesichertes und relativ dichtes Wegennetz von der Donau aus nach Norden, Richtung Böhmen.
Dargestellt sind unter anderem:
Von dieser Straße deutet der Zeichner auch eine Abzweigung nach Hauzenberg an,
Die gegenüber der Bezeichnung „Steig“ höherrangige „Straße“ deutet auf einen Die Griesbacher Leite, die nördlich des Gressenbaches aufsteigt, ist durchfurcht Von Rannariedl an der Donau führte ein Weg nach Hofkirchen, über Haslach nach Friedberg in Von Mühl (heute Obermühl) ging eine Route über Velden (heute Neufelden) nach Friedberg und von
Auf einem Plan von 1619 sind als Hauptrouten nach Böhmen der Goldene Steig (gulden Steig) und die Straße durch Wildenranna (Straß durch die wilde Rahnen mit Schölnberger Salz uf Prachadtiz und Pudweis) genannt.
Titel im Original: „Augenscheinlicher Abriß, so vornemblich antrifft den gulden Steig, der Straß des Hallein, und dann die Straß durch die wilde Rahnen mit Schölnberger Salz Uf Prachatditz und Pudtweis.“ Verfasser: Volckmer Tobias Erscheinungsdatum: 1619 Der Plan zeigt u.a. auch die grobe, verbotene Route (schwarze Linie) von Hauzenberg Richtung Lichtenberg und Oberplan.
In die Hauptroute der „Böhmischen Straß“ von Obernzell über Griesbach nach Wegscheid mündete ein weit verzweigtes Netz von Nebenrouten. Die ursprüngliche Verbindung von Hauzenberg her führte über den Radberg (Kleinrathberg) und Kasberg nach Wegscheid und traf dort auf die „Böhmische Straß“. Diese alte Wegkreuzung dürfte auch dem Ort „Wegscheid“ den Namen gegeben haben.
Als die Besiedlung weiter nach Norden vorgedrungen war, folgten auch die Wege und Handelsrouten diesem Besiedlungsfortschritt. Nachweisbar seit dem Spätmittelalter führte ein Steig von Hauzenberg über Freudensee, Raßreut, Kramersdorf, oberhalb Sickling vorbei nach Oberneureut. Er durchquerte die Sonninger und Breitenberger Wälder, gedeckt von einem Wehrbau auf dem „Gschloßberg“ im Kriegwald und zielte als alter Schefweg ins Tal der Großen Mühl. Dort überquerte er den Böhmerwaldkamm und endete in Südböhmen.
Ein zweiter Ast überquerte bei Dreihiasl den Grenzbach, zweigte nach Nordosten Richtung Seitelschlag, Salnau, Lichtenberg und Pfaffetschlag ab und gelangte über den Sperbühel zum alten Handelsweg auf dem Glöcklberger Paß, der dann über Glöcklberg nach Oberplan führte. Von dort zog er weiter nach Krumau und Budweis. Diese beiden Routen schlugen die Kaufleute ein, um, wie es heißt, die Maut in Wildenranna zu umgehen, die Anfang des 16. Jahrhunderts dort eingerichtet worden war.
Die HandelsgüterVom florierenden, schwunghaften Handel auf dieser „vreye(n) strazz“ nach Böhmen und auf den aus Passauer Sicht verbotenen Schleichwegen (Schlieffwegen) z. B. über Hauzenberg, berichtet das Urbar der Herrschaft Falkenstein aus dem Jahr 1570. In der Maut zu Wildenranna waren damals folgende Handelsgüter zu verzollen:
Die Karte aus der Mitte des 16. Jahrhunderts belegt, dass Salzach, Inn und Donau über Jahrhunderte als Verkehrsachsen eines ausgedehnten Salzstraßensystems galten. Titel im Original: Abriß des Fluß die Salza genannt, von Salzburck nach Burckhausen, von dannen des Innstroms bis …. Passaw
Dargestellt sind:
Straßenplan der rechten und verbotenen Wege (Ende 16. Jh.)
Im Salzstreit zwischen Passau und Bayern im ausgehenden 16. Jahrhundert entstand unter anderem auch dieser Plan der rechten und verbotenen Wege. In der Legende am rechten unteren Rand heißt es dazu: „Die plabe Lini beddeütten den gulden Steig von Böham mit dem Mülbach Schwarz eingegezeichnet ist auch hier der Weg von Hauzenberg über den Lichtenberg nach Oberplan. Dies war also eine verbotene Route, auf der man in erster Linie die Maut in Wildenranna umgehen wollte.
Texbeitrag: Georg Schurm |
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