Geld steht im Zwielicht. Dabei ist es weder moralisch noch unmoralisch. Allerdings weckt es im Menschen hohe sittliche Werte oder verderbliche Leidenschaften. Es kann ihn zum Sklaven machen und ist doch wiederum „geprägte Freiheit“. Geld, aus dunkler Vergangenheit kommend, von Freuden und Tränen begleitet, repräsentiert Macht und Ohnmacht zugleich. Es ist Tauschmittel der Menschheit und Wertmesser aller Güter, Triebkraft wirtschaflichen Strebens und Lohn fortwährenden Schaffens. Geld steht im Zwielicht. (Münzbild: Heller vor 1205; Deutsche Bundesbank Frankfurt/M.)
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EinleitungDabei ist es weder moralisch noch unmoralisch. Allerdings weckt es im Menschen hohe sittliche Werte oder verderbliche Leidenschaften. Es kann ihn zum Sklaven machen und ist doch wiederum „geprägte Freiheit“. Geld, aus dunkler Vergangenheit kommend, von Freuden und Tränen begleitet, es präsentiert Macht und Ohnmacht zugleich. Tauschmittel der Menschheit und Wertmesser aller Güter. Triebkraft wirtschaflichen Strebens und Lohn fortwährenden Schaffens. Nach nüchterner volkswirtschaftlicher Definition sind Geldmittel Eintrittskarten in den staatlichen Gütervorrat bzw. in den Gütervorrat eines übernationalen Binnenmarktes wie z.B. der europäischen Währungsunion mit heute 17 Mitgliedsstaaten.
Unsere Geldgeschichte ist Wirtschafts- und Kulturgeschichte. Sie begleitet unsere Stadtgeschichte seit mehr als 1000 Jahren. Als Gründerzeit können wir spätestens das 11. Jahrhundert ansetzen, als nach Überwindung der Hunneneinfälle Neubesiedlungen stattfanden und die Ortsnamen auf „-berg“ und „-dorf“ aufkamen. Kaiser Heinrich II (d. Heilige) schenkte 1010 den ganzen „Nordwald“ dem Kloster Niedernburg. Seither führt das Gebiet zwischen Donau und Böhmerwald östlich der Ilz den Namen „Land der Abtei“. Erst 1217 wurde es Hauptbestandteil des Fürstbistums Passau unter dem Welfenkaiser Otto IV. Die Fürstbischöfe von Passau waren Landesherren bis zur Säkularisation 1803. Mehr als 300 Jahre der Wirtschafts- und Geldgeschichte Hauzenbergs bleiben im Dunkel der Geschichte. Der Nordwald wurde nach und nach gerodet und es entstanden ansehnliche Siedlungen. Richard Miller schreibt: „Es ist somit nicht zu bezweifeln, dass unser Pfarrgebiet schon um 1200 ziemlich dicht bevölkert war, und es erscheint durchaus glaubhaft, dass Hauzenberg als der natürliche Mittelpunkt der Landschaft schon damals als kirchliche und wohl auch schon als wirtschaftliche Zentrale eine Rolle spielte.“ Ein wirtschaftlicher Mittelpunkt ist ohne Geld nicht denkbar; denn Geld hatte zu dieser Zeit auch schon mehrere Funktionen zu erfüllen; es sind dies: - Tausch- und Zahlungsmittel - Wertmaßstab für Güter und Arbeit (Dienstleistungen) - Kreditmittel - Wertaufbewahrungs- und Sparmittel. Das letztgenannte Funktionspaar hat in der Geschichte immer wieder zu sehr großen Enttäuschungen geführt. Nicht so in den ersten 300 Jahren der Pfennigzeit. Das Passauer Münzrecht von 999Karl der Große führte 781 im gesamten Frankenreich den Pfennig ein und beanspruchte für sich und die nachfolgenden Herrscher des Reiches das alleinige Münzrecht. Ursprung und Bedeutung des Wortes Pfennig sind nicht genau bekannt. Es könnte vom Germanischen „panno“ (Pfanne) oder „pand“ (Pfand) abgeleitet sein. In der Literatur wird der Bezeichnung Pfennig zumeist ein lateinischer Ursprung zugewiesen. Sie kommt entweder von pondus (Gewicht) oder panus (Stück Tuch). Der Pfennig ist eine deutsche Silbermünze, die als Urahn den römischen Denar aus dem 3. vorchristlichen Jahrhundert hat. Wertbestimmend war das römische Gewichtspfund Silber mit 327 Gramm. Ein Pfennig wog 1,38 Gramm Feinsilber, so dass 240 Pfennige auf ein römisches Pfund gingen. Diese ursprüngliche Menge wurde auch bei späteren Änderungen des Gewichtes „Pfund“ beibehalten, so dass bei Erhöhung des Pfundgewichtes dem Geld schon eine systemimmanente Wertverschlechterung innewohnte. Die Währung Karls des Großen zerfiel sehr bald. Der Schwur, den er seinem Sohn Ludwig abnahm, niemals eine Münzverschlechterung vorzunehmen oder zu dulden, half nichts. Im 10. Jahrhundert ging die Münzeinheitlichkeit wieder verloren. Das kaiserliche Münzregal, das Recht der Münzprägung und -ausgabe, ging auf viele Dritte über. Dieses Recht der Münzhoheit wurde nach der karolingischen Zeit verliehen und vergeben und schließlich in besonders üblen Zeiten sogar verpachtet wie irgend eine andere Einnahmequelle. Zuerst erwarben die Benediktiner von Prüm (Rheinland-Pfalz) diese Recht 861 auf deutschem Boden. Eine Verbindung von Religion und Geldwesen gab es ja schon in grauer Vorzeit. Geld bedeutet Macht, das wussten die Äbte und Bischöfe allzu gut. Ein einheitliches Münz- und Geldwesen wurde den vielen Einzelinteressen geopfert und verblüffend ist die Währungsvielfalt, also die teils unübersichtliche Wertzersplitterung in Deutschland und Italien, wo die zentrale Macht des Kaisers dahinschwand.
Anders in England, Frankreich und Spanien. Dort setzte sich die Zentralgewalt der Könige durch und das Geldwesen wurde, wie unter Karl dem Großen auch, zentral gesteuert. So hielt sich beispielsweise in Frankreich der Sols oder der Sous bis 1796, also bis zur großen Revolution, die mit allem Herkömmlichen aufräumte. In England hielt sich der unter karolingischer Zeit eingeführte Wertmaßstab, nämlich 20 Schillinge auf ein Pfund und 12 Pence auf einen Schilling bis 1971, also knapp 1200 Jahre.
Bereits 999 erlangte der Passauer Bischof Christian (991-1013) von Kaiser Otto III. u.a. das Markt- und Münzrecht. Er bestimmte „Schrot und Korn“, d.h. Gewicht und Feinheit der Münze. So ist aus 1045 eine erste Prägung eines Pfennigs nach den Gewichtsvorgaben des Reiches in Passau bekannt, die schließlich in einer Zeit der ständigen Münzverschlechterung im 12. Jahrhundert in viele örtliche Bezeichnungen endete. So wurde u.a. auch der Passauer Pfennig geprägt, ähnlich der Wiener, Linzer, Nürnberger, Regenburger, Neumarkter und auch der Vilshofener Pfennig. 1260 wurde in Passau auch ein Hälbling, ein halber Pfennig, ausgegeben. Im überregionalen und innerstaatlichen Handel bildete sich der Begriff des „Pfund Pfennig“. Der ständigen Münzverschlechterung wollte man mit dem „ewigen Pfennig“ begegnen. Nach den kriegerischen Auseinandersetzungen des Böhmenkönigs Ottokar II. mit den Habsburgern im 13. Jahrhundert kam das Land der Abtei zum Hochstift Passau, das fortan ein kleines Fürstentum unter dem Schutz der Habsburger war und bis 1803 blieb. Die vom 8. bis 14. Jahrhundert währende Epoche wird als die „Pfennigzeit“ bezeichnet.
Im späten Mittelalter (etwa ab 1300) bereichern neue Münzen und Bezeichnungen
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Heller vor 1205 Münzberechtigter: Friedrich I., 1152-1190 Vs. ohne Beschrieb Münzstätte: Schwäbisch Hall Bild rechts Rückseite Deutsche Bundesbank Frankfurt/M |
Kreuzer (4 Pfennig) Im Passland zwischen Süddeutschland und Italien, der Grafschaft Tirol, wurde im 13. Jahrhundert ein Geldstück geprägt im Münzbild des Doppelkreuzes. Es setzte sich der Name Kreuzer durch. Viele Kreuzer machen den Gulden oder wer den Kreuzer nicht achtet, wird keinen Gulden wechseln. Diese Sprüche stammen aus dieser Zeit!
Etschkreuzer um 1275 Münzstätte: Meran- Münzberechtigter: Graf Meinard II. v. Görz 1257 - 1295 Bild rechts: Rückseite Deutschen Bundesbank Frankfurt/M |
Gulden (240 Pfennig oder 60 Kreuzer) Nach dem Tode Kaiser Friedrich II. 1250 prägten die Handelsstädte Florenz und Venedig Goldmünzen, die Florene und Dukaten.
Die namensgebende Lilie von Florenz wurde auf die Goldmünze geprägt, sie hieß bald Florin.
Die Lilie fand sich im 14. Jahrhundert auch auf ungarischen Münzen, so war der Forint geschaffen. Weil der Goldgehalt des Vorbildes aus Florenz nicht eingehalten werden konnte, setzten sich die verschlechterten Florene im Römisch-Deutschen Reich bald unter dem Namen Gulden durch.
Allein das Kurzzeichen „fl“ erinnert an seine Herkunft.
In großen Teilen Süd- und Westdeutschlands galt die sog. Rheinische Währung, bei der ein Rheinischer Gulden 72 Kreuzern entsprach. Der Rheinische Gulden, auch Reichsgulden genannt, war keine Umlaufwährung, sondern eine reine Rechnungsgröße.
Österreich lehnte die Bezugsgröße des „Rheinischen Gulden“ ab. Die habsburgischen Niederlande hingegen führten den Gulden im 15. Jahrhundert ein. Dieser hielt sich bis zur Einführung des Euro-Bargeldes zum 1. Januar 2002.
Der Gulden ist ab 1508 auch in Passau im Umlauf, nachdem Kaiser Maximilian I. 1504 dem Fürstbischof Wiguläus Fröschl von Marzoll (1500 - 1517) das Münzrecht erneut bestätigte.
Abb. links: Gulden von 1738- Rs. Karl Philipp v. Pfalz-Neuburg, 1719-1742 Münzstätte: Düsseldorf Abb. rechts: Vs. Feinsilber-Gulden (2/3 Taler) Münzstätte: Düsseldorf Deutsche Bundesbank Frankfurt/M |
Abb. links: Österreichischer Gulden (1/2 Taler) von 1799 Münzstätte: Wien Abb. rechts: zu Bild links Münzberechtigter: Kaiser Franz I. Deutsche Bundesbank Frankfurt/M |
Groschen (10 bis 12 Pfennig, je nach Währungsgebiet) Vom lateinischen Prädikat „crossus“ (dick) abgeleitet wurde in Frankreich der dicke Pfennig (= gros denier) und im deutschsprachigen Raum und Polen dann der Groschen. Diese Bezeichnung blieb in Deutschland, vornehmlich in Preußen und Österreich bis zur Gründung des 2. deutschen Reiches 1871 erhalten. Der Groschen blieb zunächst eine vorwiegend norddeutsche Münzform. Auch das englische groat (4 Pence) war ein Groschen. Später ging die Bezeichnung in Süddeutschland und Österreich auf das 3-Kreuzer-Stück über.
Abb. links: Groschen von 1498. Münzberechtigter: Johann Cicero, 1486-1742 Vs. und Rs. ohne Beschrieb Abb. rechts: Beschreibung, siehe Bild links Deutsche Bundesbank Frankfurt/M |
Batzen und Halbbatzen (teils Rechnungseinheit) Der Batzen wurde Ende des 15. Jahrhunderts zuerst in Bern als groschenähnliche Silbermünze eingeführt. Die Herkunft des Namens ist umstritten. Möglicherweise wurde er vom Berner Wappentier, dem Bären (Bätz) abgeleitet. Andere Deutungen ziehen eine Ableitung vom italienischen Wort „pezza“ (Stück) in Erwägung. Bis 1535 wurde der Batzen auch in Süddeutschland geschlagen, so dass sich der Begriff „Batzen“ als Rechenwert von 4 Kreuzern oder 16 Pfennigen durchsetzte.
1508 erstmals in Passau erwähnt und zwar als Halbbatzen. Der Batzen wurde nach 1515 zur wichtigsten Kurantmünze der Schweiz, bis diese 1850 zur französischen Frankenwährung wechselte. Ein „Heller und ein Batzen“, sie waren beide mein, der Heller ward zu Wasser, der Batzen ward zu Wein", so heißt es in einem bekannten Studentenlied der deutschen Burschenschaften von etwa 1830.
Abb. links: Batzen von 1516 v. Wigileus Fröschl von Marzoll, 1500-1517. Rs. St. Stephan, vor ihm Stiftsschild SVB TVO- Presidio (Unter deiner Schutzherrschaft) Abb. rechts: Vs. Vierfeldiges Wappen (Löwe, Frosch, Löwe, Frosch) darüber Jahreszahl + Wigelius EPS Patariens Diözesanmuseum Passau |
Der Taler 1537 wurden in Passau die ersten Taler geprägt und für 1792 ist die letzte Ausübung der Münzgerechtigkeit mit dem Taler vermerkt. Als erster Taler gilt der Guldengroschen (Groschen = große Münze, „so einen Gulden gilt“), den Herzog Sigmund von Tirol, der Münzreiche, in Hall bei Innsbruck prägen ließ. Das Silbervorkommen in der Grube bei Schwaz zählte im ausgehenden 14. Jahrhundert zu den ergiebigsten Europas.
Im böhmischen Joachimstal (südliches Erzgebirge) haben die Grafen Schlick reiche Silbervorkommen Anfang des 16. Jahrhunderts erschlossen und dann Silbermünzen geprägt und in den Umlauf gebracht. Dieses Treiben dauerte etwa 30 Jahre und wurde dann von den Habsburgern, die immer mehr Macht in Böhmen an sich zogen, untersagt. Diese Münze hat den Vornamen „Joachim“ verloren und wurde später nur als Taler bezeichnet. Den Taler gibt es mittlerweile nicht mehr. Aus dem Herzen Europas ist er sozusagen ausgewandert nach Nordamerika. Smart und elegant heißt er als erste Weltwährung nunmehr Dollar.
Der Taler zählte 24 Groschen und der Groschen 12 Pfennig. Er war das Eineinhalbfache des Gulden wert. Dieses Wertverhältnis wurde von den zwei machtpolitisch konkurrierenden Großmächten auf deutschem Boden – Preußen und Österreich – bis zur Bildung der von Preußen in 3 Kriegen erkämpften kleindeutschen Reichslösung 1871 vom immer einflussreicheren Preußen in allen Währungsverträgen den Österreichern auferlegt.
Abb. links: Letzter Passauer Taler von 1792. Vs. Joseph F.A. von Auersberg Abb. rechts: Rs. des letzten Passauer Talers v. 1792. Ovales, fünffeldriges Wappen mit Mittelschild in Ordenskette unter Kardinals- und Fürstenhut |
Dukaten In der Republik Venedig wurde eine sehr wertbeständige Goldmünze geprägt, vornehmlich als Zahlungsmittel für den internationalen Handel, der sich als Dukat Ende des 15. Jahrhunderts auch in deutschen Ländern durchsetzte. Der ursprüngliche Name war Zechine und geht auf das italienische Wort für Münzstätte (zecca) zurück. Das Wort „Dukat“ wurde vom italienischen duca (Herzog) abgeleitet.
1567 unter Kaiser Ferdinand I. (Bruder Karls V.) wurde in Passau der Dukat als Goldmünze geprägt, ebenso ein Doppeldukat und ein 4-facher Dukat. Der Kaiservorgänger, Karl V., in dessen Reich die Sonne nicht unterging, war ein vergleichsweise mächtiger Kaiser (1519-1566) und brachte 4 Reichsmünzordnungen über die Reichstage und 1566 auf den Weg. Die Festlegungen hielten lange, wenngleich sie im 17. Jahrhundert (30-jähriger Krieg) von den Teil- und Kleinstaaten sowie den vielen Fürstentümern ausgehebelt wurden.
Abb. links: Fünf Dukaten von 1747. Vs. Brustbild re. mit Kalotte IOS- Dominic-Kardinal-De- Lamberg v. 1723-1761 Abb. rechts: Ergänzung. Rs. Doppeladler mit großem Brustbild unter Kardinalshut oben Krone, D-G-Episc-Patav Diözesanmuseum Passau |
Das erste Papiergeld
Zu den Münzen gesellte sich das Papiergeld. China pflegte bereits im 10. Jahrhundert einen funktionierenden Banknotenverkehr, dessen Entwicklung sogar bis ins 7. Jahrhundert zurückzuverfolgen ist. In Europa entwickelte sich Papiergeld seit dem späten Mittelalter aus dem Wechsel, ausgehend von den bedeutenden Handelsstädten Italiens. Es ersetzte zunächst ausschließlich hinterlegtes Metallgeld, war also nur ein Hinterlegungs- und Sicherungsdokument. Die Einführung des Papiergeldes heutigen Gebrauchs geschah tastend, schrittweise und oft unter empfindlichen Rückschlägen. Die nordeuropäische Großmacht Schweden stellte 1661 das älteste in Europa bekannte Papiergeld her. Dieses Papiergeld diente kurz nach dem 30-jährigen Krieg zur Finanzierung mehrerer Eroberungskriege mit allen Ostseeanrainerstaaten, u.a. Reval, Livland, Estland, Vorpommern, Russland, Polen, Dänemark, Preußen und Hannover bis in der Niederlage im „Nordischen Krieg“ u.a. gegen Zar Peter d. Großen in Poltawa/Ukraine die Großmachtphase Schwedens 1721 ganz beendet wurde.
1703 wurden in Deutschland von der Wiener Stadtbank Noten ausgegeben, die rechtlich Staatspapiergeld waren. Papiergeld insgesamt dürfte in Hauzenberg bis zur 2. Reichsgründung 1871 keine nennenswerte Rolle gespielt haben.
Textbeitrag:
Xaver Grünberger, Bankdirektor i.R. und Ehrenvorstand der Raiffeisenbanki.Südl. Bayerischen Wald eG
Literatur und Quellen:
Stadtarchiv Hauzenberg
Archiv des Bistums Passau
R. Miller, Geschichte des Marktes und der Pfarrei Hauzenberg, Passau 1953
Deutsche Münz- und Geldgeschichte der Neuzeit bis 1914
Auch in Hauzenberg gewann der Geldverkehr für die anwachsenden Markt- und Handelsströme zunehmend an Bedeutung. Gewaltige kommunale Aufgaben und das gesellschaftliche Leben konnten nur mit einem gesicherten bzw. geregelten Zahlungsverkehr aufrecht erhalten werden. Geldbeschaffung wurde immer wichtiger. Das gesamte Brauwesen stütze hier viele Aktivitäten. (Abb. Erstes Bankgebäude der Raiffeisenbank in Hauzenberg, Kusserstr. 29, Gemeinde Wotzdorf. Das 1904 erbaute und im Volksmund als Kooperatorenstöckl bekannte Gebäude wurde 1989 abgerissen. Foto: Privat)
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Zahlungsverpflichtungen und älteste Verträge über Gelddarlehen in Hauzenberg„Die Ehafft und Marktrecht“ für Hauzenberg von 1359 Der feudale Landesherr, Bischof Gotfrid v. Weißeneck (1342-1362) verlieh Hauzenberg Realgewerberechte und das Marktrecht gegen Konzessionsgebühren und Abgaben. In 45 Paragrafen ist die Marktfreiheit rechtlich geregelt. 22 Paragrafen handeln von Geldstrafen in unterschiedlicher Höhe. In Paragraf 4 sind für damalige Wertverhältnisse empfindliche Strafen geregelt. Es ist von Pfund Pfennig die Rede. 240 Pfennige bildeten 1 Pfund. Einige Auszüge daraus: » in § 4 waren für das nächtliche Weiden auf fremdem Grund 65 Pfund Pfennig festgelegt, konkret 15.600 Pfennig. » nach § 6 waren für einen Getreidediebstahl 25 Pfund Pfennig fällig (6.000 Pfennig). » die Höchststrafe für einen Grasdiebstahl machte nach § 7 72 Pfund Pfennig aus. » laut § 19 waren 65 Pfund Pfennig für den Erwerb der Hauzenberger Bürgerrechte zu zahlen. In Bezug auf eine erfolgreiche Wirtschafts- und Strukturpolitik sind in diesem Zusammenhang viele Fragen zu stellen. Die wohl bedeutendste ist die: Wer konnte sich das leisten, wenn um 1400 der Tageslohn eine Maurers im Sommer 40 Heller, also nur 20 Pfennig betrug? Wenn z.B. jemand freier Bürger von Hauzenberg werden wollte, so musste er als Maurergeselle dafür 780 Tage arbeiten, also mehr als 3 Jahre nach heutigen Vorstellungen. Eine schier unüberwindbare Hürde; denn Hauzenberg bot damals wohl keine besonders guten Einkommenschancen. Ein Bauer, der sein Vieh auf dem Grundstück eines anderen „nachtetzte“ (nächtlich auf eine fremde Weide trieb), musste dafür eine Strafe zahlen im Gegenwert von 27 Rindern. Ein Rind kostete 2 Goldgulden bzw. 48 Groschen (Pfennigumrechnung nach folgender Formel: 15.600 : (48 x 12) = ca. 27 Bei den existenzbedrohenden Strafen war die Verbrechensschwelle sehr hoch, da neben der zu zahlenden Geldstrafe auch noch der doppelte Schaden an den Bestohlenen ersetzt werden musste.
Von der Kommunbrauerei Hauzenberg Unter Fürstbischof Urban v. Trennbach (1561-1598) wurde am 4.10.1577 den Hauzenberger Marktbürgern gegen Zahlung einer Steuer von 2 Kreuzern je Viertelmaß das Braurecht widerruflich verliehen. Nach Miller bestanden 1577 bischöfliche Eigenbrauereien in Passau- Ilzstadt und in Passau-Hacklberg. In einem Inserat der Brauerei Hacklberg [1] vom 4.10.1984 heißt es u.a.: „Das erste Hochfürstliche Bräuhaus gab es bereits im Jahre 1602 in der Ilzstadt in Passau (Schäffer). Nach einigen Jahrzehnten wurde die Brauerei nach Hacklberg verlegt. 1668 war das Hochfürstliche Bräuhaus Hacklberg endgültig errichtet.“ Folgt man dem Inserat der Brauerei Hacklberg, so wurde das Bürgerbräuhaus in Hauzenberg 25 Jahre vor dem „Hochfürstlichen Bräuhaus“ in Passau gegründet. Die Kommunbrauerei wurde die spätere Brauerei Krenn und auf dem zentralen Grundstück wurde am 9.10.2009 der repräsentative Um- und Neubau des Rathauses von Bürgermeister Josef Federhofer und der gesamten Stadtverwaltung bezogen.
Im Stadtarchiv befindet sich eine Quittung des Passauer Hofpfennigmeisters aus 1630. Darin wird der Hauzenberger Bürgerschaft die Bezahlung von 144 fl (Gulden) für Bierabgaben des III. und IV. Quartals bestätigt. Von der Brauerei wurden vom Bischof 2 kr (= 4 Pfennig) je Viertelmaß ( ca. 18 ½ Liter) gefordert. Demnach betrug die Brauleistung in 2 Quartalen 79.920 Liter (= 144 fl x 60 : 2 x 18,5 Liter). In nur 2 Quartalen wurden also 799 hl Bier verkauft. Dieser Biersee entspricht einem durchschnittlichen Jahresverbrauch von ca. 200 l pro Kopf bei etwa 800 Einwohnern im Absatzgebiet. Das bürgerliche Brauhaus war für den Fürstbischof und für die Marktgemeinde ein lukrativer Betrieb. 1584 weist die Brauhausrechnung 1 fl 4 Schilling für Hopfen aus (= 240 Pfennig und 120 Pfennig, also 360 Pfennig). 1608 bezahlte die Brauerei für 20 Pfund Trockenhopfen 2 fl, also 480 Pfennig. Von 43 Bürgern wurden je 20 Pfund Hopfen angeliefert. Der Hopfenanbau war also in Hauzenberg eine willkommene Einkommensquelle. Eine Straßenbezeichnung, der Hopfgartenweg, erinnert heute noch daran. Zur Zeit des Dreißigjährigen Krieges betrug der Jahreslohn eines Schneiders etwa 24 Taler (mtl. 2 Taler = 180 Kreuzer oder 720 Pfennig). Ein Pfund Roggenbrot kostete 1 kr = 4 Pfennig.
1753 wird als neuer Bräumeister Anton Öchter von der Bürgerschaft verpflichtet. Seine Sicherheitsleistung beträgt sage und schreibe 80 fl. Diese Summe entsprach in etwa seinem Jahresverdienst. Aus 1806, das erste Jahr des Königreiches Bayern, liegt eine Abrechnung vor. Die Brauerei verkauft in diesem Jahr 1540 Spitzeln oder Eimer (je 68,418 l) für 7.182 fl. Somit betrug der durchschnittliche Verkaufspreis je Liter 16,36 Pfennig (= 1.723.680 Pfennig durch 105.364 Ltr.). Branntwein wurde auch hergestellt und zwar 550 Maß (= 1,0691 Ltr.) zu je 20 kr mit einem Gesamtverkaufspreis von 183 fl 20 kr (= 550 x 20 : 60). Damals kosteten im Frankfurter Raum 1 Pfund Butter ca. 12 Stüber (= 144 Pfennig) und 1 Pfund Kaffee 36 Stüber (= 432 Pfennig). Der Geselle verdiente 288 Pfennig täglich und erhielt dafür nur 2 Pfund Butter oder 17½ Liter Hauzenberger Bier. Dagegen musste er für einen Liter Wein beinahe den ganzen Tageslohn berappen. Der Ausdruck „berappen“ hat seinen Ursprung ebenfalls in der Geldgeschichte. Freiburg im Breisgau führte den Adler im Wappen, er wurde folglich der Stadtmünze aufgeprägt. Aber der Vogel war nicht sonderlich gut gelungen, der Volksmund machte daraus einen Raben, der Rappen, eine Verballhornung, kam aus dem Stadtwappen. Es wurde daraus der Rappenmünzbund Mitte des 14. Jahrhunderts für das Gebiet des südlichen Oberrheins und der heutigen Nordwest-Schweiz, etwa 10 Jahre vor der Erlangung der Unabhängigkeit der Eidgenossenschaft (1474).
Nun wieder zurück zur Kommunbrauerei! Der Reingewinn wird 1806 mit 586 fl 47 kr und für 1807 mit 879 fl angegeben. 1808 betrug der Verlust infolge der hohen Biersteuern 1.640 fl. 1809/10 waren französische Truppen in Hauzenberg einquartiert und die Marktgemeinde hatte in beiden Jahren 4.844 fl Kriegslasten zu tragen. Ohne die Brauerei wäre diese hohe Summe nicht aufzubringen gewesen. Richard Miller schreibt: „Zur Beurteilung des damaligen Guldenwertes eine Angabe aus demselben Rechnungsjahr: die Gemeinde ließ dem Marktdiener, bisher Amtmann genannt, Schmid für die vielen Botengänge ein Paar neue Schuhe machen, wofür 2 fl 30 kr aufzuwenden waren.“ Die Brauerei musste erweitert und auch sommertauglich gemacht werden. Der Bau eines neuen Lagerkellers war längst überfällig, da Sommerbier nur bedingt gebraut werden konnte und die Qualität schwankte. Die 48 Bürger der Kommunbrauerei gewährten der Marktgemeinde zur Finanzierung der Kriegslasten Darlehen über insgesamt 4.844 fl. Dieses Geld fehlte für dringend notwendige Investitionen, so streckte der bürgerliche Weinwirt und Metzger Ludwig Wurm im Jahr 1812 die Summe von 1.000 fl gegen Verpfändung des Bräuhauses und einem Teil der Betriebsgrundstücke vor. In der Folgezeit wurde das Bräuhaus schließlich für eine jährliche Pacht von 960 fl verpachtet. Zum Zeitpunkt der Verpachtung war die Brauerei noch mit 4.420 fl verschuldet.
Gewährung von GelddarlehenIn der zunehmend arbeitsteiligen Wirtschaft ist eine ganz wichtige Grundlage des Geldes die Kreditmittelfunktion. Banken waren nicht vorhanden und Geldverleihgeschäfte gegen Zinsnahme waren den Christen lange Jahrhunderte verboten. Die biblische Geschichte über die sieben fetten und die sieben mageren Jahre in Ägypten ist allgemein bekannt. Schon vor etwa 4000 Jahren haben Menschen etwas zurückgelegt und sozusagen für schlechtere Zeiten gespart. Die Spar- und Wertaufbewahungsfunktion des Geldes hat darin ihren Ursprung. Aber auch die uralten Produktionsfaktoren der Wirtschaft waren definiert in: Boden, Arbeit und Kapital. Wenn Boden und menschliche Arbeit Erträge bringen, so konnte man doch diese Erwartungshaltung vom Kapital nicht auf Dauer ausschließen oder gar als nicht glaubenskonform verbieten. Die kaufmännisch weit überlegenen jüdischen Mitbürger, die Fugger und Welser und die Kaufleute und Juweliere der norditalienischen Handelsstädte machten schon lange vor Beginn der Neuzeit (ab dem 15. Jahrhundert) Bank- und Kreditgeschäfte und forderten für die zeitlich befristete Kapitalüberlassung einen Preis, den Darlehenszins. In Hauzenberg ist ein frühes Darlehensgeschäft aus dem Jahre 1756 nachgewiesen. Richard Miller schreibt: „ Die Marktgemeinde nimmt eine Schuld von 300 fl beim Bruderhaus St. Johannis in Passau auf und verpfändet dafür das Brauhaus.“ Unter 1769 ist bei Miller vermerkt: „Die Gemeinde entlehnt bei Pfarrer Joh. Bapt. Lang zu Helmonsödt 537 fl zur Heimzahlung des Bruderhauses Pichlerin in Passau und verpfändet dafür neben Gemeindegründen das Bräuhaus.“ Der Schuldschein hierzu befindet sich im Stadtarchiv und weist einige Besonderheiten auf, diese kommentiere ich nachfolgend auszugsweise: » Darlehensgeber ist ein in Oberösterreich lebender Pfarrer, der anscheinend „einer wohlhabenden Hauzenberger Familie“ entstammte. „Von ihm als dem damaligen Administrator auf Pöstlingsberg bei Linz erhielten beispielsweise 1661 (muss wohl 1761 heißen): - Bäcker Joh. Knödlseder 250 fl, - Wirt Georg Griebl 300 fl, - Weber Georg Kaiser 325 fl, - Weber Leopold Saxinger 400 fl, - Johann Liebl 250 fl; von ihm als Pfarrer in Helmonsöd bekamen 1785: - Mathias Griebl 560 fl, - Maria Mackh 250 fl, - Joh. Leyerseder 230 fl, - Michl Friedl 300 fl, - Anna Maria Gottinger 200 fl, alle zu einem Zinssatz von 4%. » In der Urkunde ist als Genehmigungsvermerk auf den Landesherrn, Fürstbischof Kardinal Joseph Dominikus Graf von Lamberg (1723-1761) hingewiesen, obwohl dieser Kardinal bereits 8 Jahre vorher verstarb. Ein Schreiber der bischöflichen Kanzlei schrieb vermutlich von einer früheren Urkunde den Textbaustein über die aufsichtsrechtliche Genehmigung gedankenlos ab und niemand bemerkte diesen Fehler. Die Urkunden waren offensichtlich nicht so wichtig, wie an anderer Stelle noch näher ausgeführt wird. Zum 31.12.1769 regierte im Fürstbistum Leopold Ernst Graf von Firmian (1763-1783). » Die Rückzahlung des Gelddarlehens basierte auf dem Wert- und Münzfuß des „Rheinischen Gulden“. Ein im Habsburger Stammland lebender, sehr wohlhabender Priester, wählt den Rheinischen Gulden. Warum wohl? Zu dieser Zeit war der österreichische Gulden nur 60 Kreuzer und der Rheinische Gulden 72 Kreuzer wert. Wenn der Darlehensgeber, laut Urkunde „ein hochgelehrter Herr“, österreichische Gulden gab und Rheinische Gulden zurückverlangte, so traute er entweder dem Habsburger Kaiserreich nicht oder er übervorteilte die weniger gebildeten Hauzenberger Bürger um satte 20 % Kursdifferenz. Sollte Letzteres der Fall gewesen sein, so stellt sich die Frage: Was unterschied den hochgebildeten geistlichen Herrn vom Verhalten der Wucherer früherer Jahre und warum hat der Fürstbischof als Landesherr nicht eingegriffen? Der letzte Teil der Frage ist leicht zu beantworten. Er war nämlich zur Zeit des Vertragsabschlusses schon 8 Jahre tot. Wie vorstehend ausgeführt, verlieh Pfarrer Lang an viele Hauzenberger Bürger Darlehen über insgesamt 1.825 fl. Er war der bedeutendste Gläubiger dieses Jahrhunderts. Die nach Hauzenberg gegebenen Gelddarlehen summierten sich auf 3.926 fl. In Ebersfeld kosteten damals z.B. 100 Pfund Rindfleisch 8 ½ Reichstaler (= 170 Groschen oder 2040 Pfennig, d. h. 1 Pfund Rindfleisch kostete 1 fl 42 kr). Der Jahresverdienst eines Braumeisters betrug etwa 80 fl. Dies bedeutet, dass Pfarrer Lang in der Lage war ca. 49 Jahresverdienste eines in Hauzenberg herausragend bezahlten Betriebsleiters zu verleihen. Er war sozusagen für Hauzenberg der Bankier des 18. Jahrhunderts, wenn man so will am Vorabend der alles verändernden Aufklärung und der damit einhergehenden Machtbeschränkung der Kirche. Im 17. Jahrhundert, nach dem 30-jährigen Krieg, traten die „Lieb-Frauen-Bruderschaft“ und die Kirchenstiftung „St. Veit“ als Gläubiger von größeren Gelddarlehen auf. Richard Miller vermerkt in der Geschichte des Marktes und der Pfarrei Hauzenberg zahlreiche Klagen vor dem Marktgericht wegen rückständiger Zinsen und fälliger Rückzahlungen. So ist unter 1668 eine Klage der „Lieb-Frauen-Bruderschaft“ selbst gegen den Marktrichter Khaiser vermerkt auf Zahlung von 100 fl. Vertreten wurde die Bruderschaft vom Zechprobst, dem damaligen Pfarrherrn. Auch die Pfarrgemeinde „St. Veit“ ist in größerem Umfang als Gläubigerin zahlreicher Gelddarlehen aufgetreten, was auch von der Pfarrei Gottsdorf bekannt ist. 1694 wurden von der Pfarrei Hauzenberg 18 Bürger unter Angabe der Schuldsummen (insgesamt 2.780 fl) wegen rückständiger Zinsen vor dem Marktrichter verklagt. So vermerkt Richard Miller, dass außer den aufgeführten Einzelschulden noch bedeutend höhere Summen ausgeliehen waren, und zwar an Schuldner aus der Landbevölkerung sowie aus der Bürgerschaft, die ihren Zinszahlungen nachgekommen waren.
Bis zum Ende des 18. Jahrhunderts traten in Hauzenberg 5 große Geldverleiher auf: Rosenkranzbruderschaft, Lieb-Frauen-Bruderschaft, Kirchenstiftung St. Veit und Pfarrer Joh. Bapt. Lang. Auch die Kommunbrauerei lieh der Marktgemeinde fallweise höhere Beträge, die sie sich teils selbst bei dritten Geldgebern gegen Sicherheitsleistung beschaffte. Während das Gründungsjahr der Rosenkranzbruderschaft mit 1668 durch Pfarrer Johann Hannaberger (1667-1705) bekannt ist, bleibt die Geburtsstunde der Lieb-Frauen-Bruderschaft verborgen. In der Jahresrechnung 1806 der Kommunbrauerei ist u.a. eine Schuld mit 200 fl aus „urdenklichen Zeiten“ an die Rosenkranzbruderschaft vermerkt. Etwa 140 Jahre sind als „urdenklich“ bezeichnet worden, wenngleich die Verleihgeschäfte der Frauenbruderschaft wesentlich älter sein dürften.
Der vorstehend erwähnte Pfarrer Johannes Hannaberger hat die Jahresrechnung der Frauenbruderschaft für 1669 zur Überprüfung dem fürstbischöflichen Landgericht vorgelegt. Der Prüfbericht enthält zahlreiche Erinnerungen, die auf eine unprofessionelle Verwaltung schließen lassen. So waren Kapitalien vorhanden über 6.113 fl 20 kr und 2 Pfennig. Davon waren 3.803 fl 20 kr bei der Pfarrkirchenstiftung St. Veit unverzinslich angelegt. Diese Gelder wurden aber von St. Veit an die „Untertanen“ zu 3 % Zins gut abgesichert ausgeliehen. Es konnte kein einziger Schuldbericht vorgelegt werden und es wurde einmal ein jährlicher Substanzverlust von 51 fl 33 kr und 2 Pfennig moniert. Etwa 100 Jahre später wurden an Bargeld in der Jahresrechnung 1782 der Frauenbruderschaft 1.658 fl 54 kr ausgewiesen. Tatsächlich waren aber nur 42 fl 10 kr im Zöchschrein (Art Tresor). Dramatisch sind auch die Erinnerungen wegen fehlender Nachweise zahlreicher Stiftungen bis in das Jahr 1641 zurück. Eine Finanzaufsicht gab es nicht und schriftliche Verträge waren vermeintliche Auswüchse der Bürokratie. Das gesprochene Wort und mündliche Verträge genügten für das umfangreiche Darlehensgeschäft kirchlicher Einrichtungen. Dabei gingen Übersicht und Beweisbarkeit gänzlich verloren.
Mit den Eroberungskriegen Napoleons zogen in das Passauer Land Not, Elend und finanzielles Unglück ein. So wurden freies Kirchenvermögen (Bargeld) und vorhandenes Barvermögen der vielen Stiftungen von der fürstbischöflichen Landesverwaltung mit Schreiben vom 18. Januar 1801 eingezogen zur Aufbringung der Kriegskontributionen. Ein Jahr später teilte der letzte Fürstbischof Leopold Leonhard Raymund Graf v. Thun mit, dass sich die Schulden des Landes (Fürstbistum Passau) auf 500 000 fl belaufen. Mit Beschluss des Reichsdeputationshauptausschusses von 1803 (Säkularisation) wurde die Kirche sozusagen enteignet und der in Böhmen lebende Fürstbischof ging seiner Reichslande verlustig. Kirchen, Bruderschaften und Stiftungen wurde das Barvermögen weggenommen, so dass sie als Geldverleiher in der Folgezeit an Bedeutung verloren.
Auszug der Strafprotokolle des Hauzenberger Marktrichters der Jahre 1703/04zum Thema „Geldverleih der Kirchenstiftung“ und Antrag des Marktmagistrats Hauzenberg an das königl. Landgericht Wegscheid vom 10. Februar 1833 "Clag den 24. Marti 1703: Antony Stoyber, Bauer zu Zwölfling und Zöchprobst des lowirtigen St. Plasy Gottshaus unser Pfarkirchen zu Kellberg, contra Adam Paumgarnter bürgerlicher und Leintweber zu Hauzenberg der sey ihme zu ermelten Gottshaus von 300 Capital auf negst Lorenzi 4 Underesse, zusammen 60 fl begert die Bezahlung und bitt die vorbestölte Obrigkheit und billiches gschöfft der Bezahlung. Antwort: Beklagter Adam Paumgarnter ist solcher schult bekhändtlich und duot sich selbsten anerbirdten als 14 Tag nach negster hl. Ostern zu bezahlen 15 fl auf negst konfftigen Hörpst wieder bezahlen 30 fl der virte so noch nit verfallen bit er umb weitere Gedult, darbey ist solches glassen."
"Clag: Adam Pehamb Bauer zu Fäckendorff Kellberger Pfarr, als gebester Zöchprobst zu St. Plasy Gotthaus zu Khelberg aber dermall (aber) abgestandten, der clagt den Adam Paumgarnter vor 300 fl Capital umb ein altes auffentiges underesse als 5 fl vom Mathias Paumgarnter bit die vorgesötzte Obrigkeit umb das geschöfft der Bezahlung. Antwort: Beklagter Adam Paumgarnter sagt die begehrte alte 5 fl ist er nit schultig sollens bey dem Kaufschilling gesucht haben, die 15 fl (als sein erster Zins) hab er in der Sacrastey zu Kelberg bezahlt in Beisein des herrn Pfarrers begert sich von solchen begern zu asolvieren. Abscheidt: Die beklagten 5 fl sollens noch bey dem Kaufschilling suchen es ist gleich schultig der Verkauffer oder Käuffer, Man murs doch drumb nachsehen, die beklagten 15 fl soll der Adam Paumgartner ihner 14 Tagen von Herrn Pfarrer darumben ein richtiges bringen oder sol hernach bezalen." (StAH 3/11)
"Clag: Herrn Hans Gottinger als abgesandter Zöchprobst der alten Unser lieben Frauen alten Pruederschafft zu Hauzenberg, klagft benambste Bürger umb ihre als ausstentige Interessn wie volgt: Gotthart Ötl 20 fl Andre Ertl 20 fl Andre Poxleitner 110 fl Jörg Maurer mues Peter Ertl 10 fl pezalln, so er von sein Kaufschilling zu sich genommen Toma Paungarnter 30 fl Görg Osn 20 fl Michl Pamberg 2 fl 30 Kr Peter Ertl widerumb 33 fl 30 Kr Veith Stadtler 2 fl 30 Kr Görg Kaisser der Jinger 2 fl 30 Kr Cristoff Mundtesgrueber …. (durchgestrichen) Andre Sterl 2 fl Johann Liebl 3 fl Mit den Beklagten sei gschöfft ihner 10 Tagen zu bezallen, oder sollen von den hochfürstl. Landtgericht weitern Termin bringen. Des gleichen klagt der abgesandte Zöchprobst Sebastian Griebl die hernach benambsten Bürger wie volgt: Veit Stadler 22 fl 30 Kr Görg Fesl 20 fl Pernhart Kaiser 30 fl Andre Ertl 10 fl Toma Gindtl 10 fl Johannes Lang 40 fl Jacob Liebl 7 fl 30 Kr Fridrich Paumgarnter 11 fl 51 Kr Peter Ertl 20 fl so er von des Jacob Liebl Kaufschilling ausstentigen Zins muas bezallen Johannes Staudtenäckher(?) 10 fl Weillen mit den Burgern schon zum öftern geschöfft worden khein Bezallung gewest, so sey mit ihnen geschöfft ihner 10 Tagen zu bezallen oder von hochfürstl. Landtgricht weiteren Termin bringen. Mit den samentlich Restandten sei geschöfft ihre ausstentige Interees den vier clagten Zöchprobsten als der 2 abgestandten Hans Gottinger und Sebastian Griebl auch der neye 2 Veith Lang und Simon Narhafter(?) Ihner 10 Tagen zu bezallen oder sollen vom hochfürstl. Landtgericht weitern Termin erhalten wo sie aber nicht erhalten werden wirdt ihnen vekhaufft werden was sie haben den 21. Feb. 1704." (StAH 3/11)
Im Stadtarchiv Hauzenberg (7/6) ist nachstehender Antrag des Marktrates von Hauzenberg an das königl. Landgericht Wegscheid vom 10. Februar 1833 archiviert: „Auf das hierher übermachte Dupplikat der Beschwerdeschrift des Martin Fisch Mühler, Hufschmied und Bauer auf der Wastlmühle vom 5. praes 14. Jänner d.J. den Mehl- und Griesverkauf in hiesigem Markte betreffend, kann man dem Beschwerdeführer Martin Fisch hiermit erwidern, dass man wirklich nicht begreifen kann, wie und auf welche Art er sich das Recht geltend machen will im hiesigen Markte an Sonn- und Feyertägen Mehl und Gries aus zu (...), wo sich im Markt ohnehin 9 besteuerte Mehlbler befinden, die alle ihre Mehl- und Griesgattungen in bester Qualität geben und die hiesigen Bewohner anständig befriedigen: und Martin Fisch besitzt nicht einmal in seinem Distrikte Jahrdorf ein Mehlblerrechten, vielweniger in hiesigem Burgfriede, wie kann er sich dann eigenmächtig erlauben, die hiesigen Mehlbler zu beeinträchtigen und zu unterdrücken. Der Magistrat Hauzenberg hat den Martin Fisch zwei Aufträge gemacht, seine Einträchtigung aufgeben und die hiesigen Mehlbler in Ruhe zu lassen, allein allen vorgaben daher hätte man ihn für seine Ungehorsam- und Widerspenstigkeit um 2 Reichsthaller abgestraft, die er aber nicht bezahlen will, wo man jetzt genöthiget ist das königl. Landgericht Wegscheid als (...) gehorsamst zu bitten, dass dasselbe wolle mittels Execution dem Fisch zu Bezahlung dieser Strafe verhalten und gegen Quittung gefälligst übernehmen. Schließlich bittet der gehorsamst endesunterzeichnete Magistrat selbst das königliche Landgericht Wegscheid, dasselbe wolle sich um die Mehlbler als Unterthannen annehmen und der königl. Kreis Regierung berichten, das Martin Fisch mit seiner ungerechten Bitte abgewiesen werde denn er hat als Mühler, Hufschmid Bauer und Holzhandler ohnedies sein gutes Fortkommen. Mit Vorbehalt allen … am 10. Februar 1833“ Der vorstehende Text ist umso bemerkenswerter als zum 1. Januar 1834 für alle Staaten des Deutschen Bundes die Zollschranken fielen und damit die Zeit die zunehmende Freizügigkeit in der deutschen Volkswirtschaft begann.
Einfluss Bayerns auf die grundlegende Neuordnung des Münzwesens der Neuzeitund die Münzreform im 19. JahrhundertIm Laufe von 1000 Jahren ist es zu zahlreichen Münzneuordnungen gekommen. Karl V. (1500-1558, römisch deutscher Kaiser von 1519-1556) hat 4 Reichsmünzordnungen über die Reichstage gebracht. Die Festlegungen hielten lange, wenngleich sie nach dem 30-jährigen Krieg von den vielen deutschen Fürstentümern, Teil- und Kleinstaaten teils ausgehebelt wurden. Der Bayern-Herzog Albrecht IV. (1447-1508) war es, der Bayern wiedervereinigte und das Münzwesen 50 Jahre vor der Neuordnung im hl. Römischen Reich deutscher Nation reformierte. Erstmals wurden Ausprägungen von größeren Nominalen als Heller und Pfennige herausgegeben. Somit ging von Bayern die Initiative zur Neuordnung des Münz- und Währungswesens im gesamten Reich aus. Bayern hatte das Glück einen Herzog zu haben, der auch „der Weise“ genannt wurde. Er studierte in Italien, war hoch gebildet, heiratete die einzige Tochter Kaiser Friedrichs III. und war der erste Staatsmann auf dem bayerischen Herzogsstuhl, der persönlich über die Finanzen seines Landes wachte. Unter seine Regentschaft fällt auch die Vereinigung Landshut/Niederbayern mit München/Ober- bayern. Die Oberpfalz gehörte damals noch zur Rheinpfalz und kam erst 1623 zu „Altbayern“, das dann Kurfürstentum wurde. 1648 wurde Altbayern im „Westfälischen Frieden“ bestätigt, weshalb 1998 eine 10 DM-Gedenkmünze „350 Jahre Westfälischer Friede“ geprägt wurde.
Wenn von den Münzreformen im 19. Jahrhundert bis zur Gründung des 2. deutschen Reiches 1871 berichtet wird, sollte die günstige Einflussnahme Bayerns zu Beginn der Neuzeit gebührend gewürdigt werden. Das 18. Jahrhundert war die Wiege umwälzender Veränderungen. Aufklärung, nationalstaatliches Denken in Dichtung und Politik und das Streben nach mehr Mitspracherecht für das Bürgertum lösten den Absolutismus ab. Preußen war zur europäischen Großmacht aufgestiegen und stand im Wettlauf um die Vorherrschaft im Deutschen Reich zu den Habsburgern in einer ständigen Konfliktsituation. Preußen orien- tierte sich mehr an den Großmächten Russland und Frankreich und stand gegen Österreich mehrmals im Krieg. In den Geschichtsbüchern wird Preußen überwiegend als vorbildlicher Staat dargestellt, insbesondere die Staatsverwaltung durch das Beamtentum. Auch im Geldwesen ist Preußen einen eigenen Weg gegangen. Erstmals hat es 1779 eine Scheidemünze als gesetzliches Zahlungsmittel eingeführt, ohne Rücknahmeverpflichtung des Staates. Es waren Groschen, die vornehmlich von der breiten Bevölkerungsschicht angenommen und auch verwendet wurden. Der ehrenwerte Staat Preußen und Friedrich der Große haben mit Ausgabe der Groschen von Anfang an den Betrug geplant. 24 Groschen gingen auf einen Taler, obwohl der Metallwert nur ein 1/42 des Talers ausmachte. Der Staat lehnte die Annahme von Groschen für Steuerzahlungen und sonstiger staatlicher Forde- rungen ab, so war mit der Ausgabe dieses Geldes eine 75%-ige Steuer verbunden. Der „Alte Fritz“ war erfinderisch und hat sozusagen die erste indirekte Steuer den breiten und ärmeren Volksschichten zur Finanzierung seiner Großmachtpläne auferlegt. Nach den napoleonischen Wirren und der staatlichen Neuordnung als Folge des Wiener Kongresses vergrößerte sich das Staatsgebiet Preußens in Richtung Rhein. Aufgrund dieses Gebietszuwachses musste das Königreich Preußen in seinem Hoheitsgebiet viele unterschiedliche Währungs- und Zahlungssysteme regeln. Es kam 1818 zur Beseitigung der Zollschranken innerhalb ganz Preußens. 1815 wurden große Teile des heutigen Nordrhein/Westfalens und des Rhein- und Saarlandes zu Preußen geschlagen. Mit der Beseitigung der innerstaatlichen Zollschranken nahm Preußen eine Vorreiter- und auch eine Vordenkerrolle ein. Um den Machtzuwachs auch im Geldwesen zu unterstreichen, wurde der damals gültige Reichstaler von Preußen abgeschafft und nur der Taler, der folglich preußischer Taler genannt wurde, eingeführt.
Zum 1. Januar 1834 trat dann der deutsche Zollverein in Kraft. In diesem Zollvertrag wurde die Neuordnung des Münzwesens für alle Staaten des Deutschen Bundes mit Ausnahme Österreichs vereinbart. Preußen hatte bereits ein geordnetes Münz- und Währungswesen und war somit den übrigen deutschen Kleinstaaten weit voraus. Die Währungsvielfalt der süddeutschen Staaten, wie z.B. Bayern, Württemberg, Baden, Frankfurt und Teile von Hessens mussten erst geordnet werden, bevor ein Beitritt zum preußischen bzw. norddeutschen Währungsverbund möglich war. Der Zwang zum Beitritt war eine Folge des Ausbaues des Schienennetzes und des damit zusammenhängenden Handels. 1837 wurde im Vertrag von München diese schwierige Hausaufgabe von den süddeutschen Staaten vereinbart, so dass im Vertrag von Dresden 1838 auch ganz Süddeutschland dem norddeutschen Abkommen beitreten konnte. Österreich-Ungarn hat sich zu sehr auf den günstigen Ausgang des Vertrages von Olmütz verlassen (auf Druck Russlands entließ Preußen Hessen und Holstein aus dem norddeutschen Bund und gab damit seine Unionspolitik unter Ausschluss Österreichs täuschungshalber auf) und die Meinungsführerschaft auf dem Gebiet der Währung Preußen überlassen. Dies war ein großer Fehler, den der junge Kaiser Franz Josef bald nach seiner Krönung erkannte und auch korrigieren wollte. Ab 1839 waren in den vielen Staaten der späteren kleindeutschen Reichslösung zwei Kernwährungsgebiete vereinbart, nämlich: Taler und Gulden. Daneben war es jedem der zahlreichen deutschen Vertragsstaaten gestattet, eine sog. „Vereinsmünze“ zu prägen. Bei der Neuordnung der Wertverhältnisse der zwei Kernwährungsgebiete Taler und Gulden übernahm der preußische Taler die Wertführerschaft. 2 Taler waren 3 ½ Gulden wert. Der Taler trat somit den Siegeszug an und wurde auch in Bayern neben dem Gulden gesetzliches und bevorzugtes Zahlungsmittel. Ab 1850 bemühte sich Österreich unter Kaiser Franz Josef intensiv, dem deutschen Zollverein beizutreten. Preußen stellte nun die Bedingungen, diese waren für Österreich zunächst unannehmbar. Nach zähen und harten Verhandlungen kam es 1853 nur zu einem Handelsvertrag zwischen dem deutschen Zollverein und dem Kaiserreich Österreich. In diesem Vertrag verpflichtete sich Österreich zur Neuordnung seiner maroden Währung. Für die Beseitigung der Folgen des Krimkrieges (1854-1856) mussten dringend notwendige Sanierungsmittel anderswo eingesetzt werden. So kam es erst 1857 (gilt als das Jahr der ersten Weltwirtschaftskrise) im Wiener Münzvertrag zu ergänzenden Währungsvereinbarungen. Der preußische Taler wurde somit Leitwährung und sein Geltungsbereich erstreckte sich von Aachen bis Siebenbürgen und von Lörrach am Bodensee bis zur Memel. Es wurde das Zollpfund (500 g) für das gesamte Vertragsgebiet verbindlich. Als weitere verbindende Klammer wurde es Österreich-Ungarn gestattet zusätzlich zum deutschen Vereinstaler für den internationalen Handel Vereinskronen zu prägen. Der Traum von der Münzeinheit bis zum schwarzen Meer war nur kurz, denn Österreich wurde 1859 in Kriege mit Frankreich und Sardinien verwickelt und verlor Mailand und die Lombardei. In Österreich kam es zu Währungsturbulenzen, so dass es den Vertrag mit den deutschen Ländern kurzerhand brach, also nicht erfüllte. Österreich wendete sich von der Silberwährung wieder ab und führte einen Zwangskurs für Papiergeld ein. Die dort gültige Guldenwährung wurde 1892 durch die Kronenwährung ersetzt. Die Zeit der MarkDie französische Revolution brachte auf allen Gebieten des staatlichen Zusammenlebens zahlreiche Umwälzungen. Es wurde u.a. das leicht zu berechnende Dezimalsystem eingeführt und die Umstellung von Maßen und Gewichten auf dieses System vollzogen. Im deutschen Bund wurde das Zollpfund mit 500 Gramm als Folge des 1833/34 gegründeten Zollvereins verbindlich eingeführt. Die Mark war zunächst das für Metall übliche Gewicht, nordgerma- nischen Ursprungs und im deutschen Reich seit dem 11. Jahrhundert bekannt. Aus Skandi- navien ist eine Urkunde bekannt, in der die Mark als Münzgewicht erstmals 857 erscheint. Es wird auch von der Kölner Mark berichtet, die etwa 2/3 des römischen Pfundes (=327,45 g) wog und in Europa als Handelspfund galt. Die Mark wog das doppelte Handelspfund. In anderen Gebieten des heiligen römischen Reiches deutscher Nation verband man mit der „Mark“ als Gewicht eine bestimmte Zahl von Silberpfennigen. So ist in der Urkunde über die Markterhebung Hauzenbergs von Pfund-Pfennig die Rede. Die Mark wurde in Norddeutschland bis 1871 zum Münzbegriff und dann als Name der Münzeinheit der Goldwährung des 2. deutschen Reiches zugrunde gelegt. Bismarck hat mit der Währungsbezeichnung „Mark“ der Freien und Hansestadt Hamburg ein besonderes Kompliment ausgesprochen. Hamburgische und Kölnische Mark waren schon bekannte Währungsbezeichnungen.
Die Zeit der „Mark“ dauerte nur 130 Jahre und wird in 4 Abschnitte eingeteilt:
Die Zeit der Goldmark von 1871 bis 1914 Das bis zum Jahre 1866 zum deutschen Bund gehörige Kaiserreich Österreich-Ungarn hat 1853 im Handels- und Zollvertrag die Umstellung auf Goldwährung vorgeschlagen. Hintergrund war das Sinken des Goldpreises infolge umfangreicher Funde in Kalifornien und Australien. Das durch Kriege hoch verschuldete Österreich-Ungarn spekulierte mit einer Geldentwertung. Es wollte also seine Staatsschulden durch eine versteckte Inflation reduzieren. Die Zeit war dafür nicht reif. Preußen als 2. Großmacht des deutschen Bundes hatte ein geordnetes Geldwesen auf Silberbasis wie übrigens alle Großmächte zu dieser Zeit, auch China und Indien. Preußen setzte sich gegen Österreich durch, wie wir leidgeplagt erfahren mussten, nicht nur auf dem Gebiet der Währung. Nach 1866 (Königsgrätz) war Österreich kein Ernst zu nehmender Rivale mehr für Preußen. So dachte Preußen um und erinnerte sich des weit vorausschauenden Vorschlags Österreichs. Infolge hoher Kriegsentschädigungszahlungen der französischen Republik – es waren an Deutschland 5 Mrd. Franc zu zahlen, heute etwa 45 Mrd. €-, die in Gold aufzubringen waren, konnte für das ganze Reichsgebiet eine Goldwährung eingeführt werden. Es bestanden 8 verschiedene Geldsysteme und dazu kamen noch Münzen zahlreicher älterer Prägungen von 39 selbständigen deutschen Staaten. Eine zu 100 % goldgedeckte Währung war die erste Markwährung nicht, sondern nur eine Goldkernwährung. In der Fachliteratur wird die Zeit ab 1871 als Währung mit eingeschränkter Golddeckung bezeichnet. Der Vereinstaler bzw. die Vereinskrone aus 1853 (Wiener Münzvertrag) hatten volle Gültigkeit in den deutschen und österreichisch-ungarischen Kaiserreichen bis 1907. Dieser Vereinstaler war es auch, der nicht goldgedeckt war. Die Golddeckung währte nicht lange, nur bis zum 4. August 1914. Anfang des 1. Weltkrieges rief die Reichsregierung das deutsche Volk auf, die im Privatbesitz befindlichen Goldmünzen zum Nennwert gegen Papiergeld an die Reichsbank zu verkaufen, dafür gab es zur Erinnerung Eisenmedaillen. Gold gab ich zur Wehr, Eisen nahm ich zur Ehr. Der Erfolg dieser Aktion blieb begrenzt. Nur die patriotisch gesinnten Mittelschichtler folgten dem Aufruf des preußischen Kaisers. Er rechnete sicher damit, dass die ärmsten Söhne des Volkes auch die treuesten sind. Im Vergleich zur silbergedeckten Währung, die seit dem römischen Denar, dem Urahn des Pfennigs, also fast 2100 Jahre bestand, war die goldene Währungszeit sehr kurz.
Die Rentenmark-Zeit Die Goldbestände des deutschen Kaiserreiches gingen an die westlichen Siegermächte. Das Papiergeld war wertlos und der Verfall der von Frankreich 1871 finanzierten Goldmark endete in der noch nie dagewesenen Hyperinflation 1923. Die Rentenmark wurde von der Weimarer Republik in der Hochzeit der Hyperinflation am 13.10.1923 als Hilfswährung eingeführt und hatte keine reale Deckung. Alle Grundstücke wurden zunächst mit einer Rentenbankgrundschuld als Maßnahme zur Währungssanierung zu Gunsten der Deutschen Rentenbank belastet. Diese Rentenschuld der Grundstücke wurde als fiktive Währungsdeckung herangezogen. Mit dem Gesetz vom 30. August 1924 entfiel die Rentenbankgrundschuld für industriell genutzte Grundstücke und die Bezeichnung „Rentenmark“ wurde geändert.
Reichsmark (RM) Durch das Münzgesetz vom 30. August 1924 wurde von der Deutschen Reichsbank die Reichsmark ausgegeben. Sie hatte keinen goldenen Boden, war aber im internationalen Zahlungsverkehr an das Gold gebunden. Für deutsche Staatsbürger konnten weder Münzen noch Geldscheine bei der Reichsbank in Gold eingelöst werden. Der rechnerische Feingoldgehalt betrug, wie 1871 auch, 0,358423 g/RM. Ab 1936 erhielten die Geldmünzen auf der Rückseite den „Reichsadler mit Hakenkreuz“. Die Reichsmark blieb bis zum 20. Juni 1948 gesetzliches Zahlungsmittel, wenngleich sie lange vorher durch die sog. Zigarettenwährung und die jedem Kauf von Gütern vorgeschalteten staatlichen Bezugsscheine ersetzt wurde. Mit der Währungsreform vom 20. Juni 1948 wurden auch die verbliebenen Schuldreste aus der Rentenmarkzeit getilgt und für erledigt erklärt.
Die Deutsche Mark (DM) Mit der Währungsreform vom 20. Juni 1948 verlor die Reichsmark ihre Gültigkeit. Die Mark hatte in 77 Jahren ihres Bestehens ihr Gesicht nun zum vierten Mal gewechselt. Die DM hätte es nicht gegeben ohne die großen wirtschaftlichen Wiederaufbauhilfen des Marshall-Planes und der unvergesslichen Verdienste des jungen amerikanischen Besatzungsoffiziers und Wissenschaftlers Edward A. Tenenbaum. Die DM kam zu den Deutschen, so sagte 1998 unser Altkanzler Dr. Helmut Kohl. Sie wurde vor der Gründung der Bundesrepublik, vor unserer Nationalhymne und vor der Bundesflagge eingeführt. Die DM ist auch unschuldig schuldig geworden bei der endgültigen Teilung Deutschlands um dann 41 Jahre später Motor der Wiedervereinigung zu werden. Der damalige sowjetische Oberbefehlshaber Sokolowsky erklärte am Tage der Währungsreform in einem Aufruf: „Mit der Währungsreform ist die Teilung Deutschlands vollendet.“
Die Deutsche Mark (DM) Mit der Währungsreform vom 20. Juni 1948 verlor die Reichsmark ihre Gültigkeit. Die Mark hatte in 77 Jahren ihres Bestehens ihr Gesicht nun zum vierten Mal gewechselt. Die DM hätte es nicht gegeben ohne die großen wirtschaftlichen Wiederaufbauhilfen des Marshall-Planes und der unvergesslichen Verdienste des jungen amerikanischen Besatzungsoffiziers und Wissenschaftlers Edward A. Tenenbaum. Die DM kam zu den Deutschen, so sagte 1998 unser Altkanzler Dr. Helmut Kohl. Sie wurde vor der Gründung der Bundesrepublik, vor unserer Nationalhymne und vor der Bundesflagge eingeführt. Die DM ist auch unschuldig schuldig geworden bei der endgültigen Teilung Deutschlands um dann 41 Jahre später Motor der Wiedervereinigung zu werden. Der damalige sowjetische Oberbefehlshaber Sokolowsky erklärte am Tage der Währungsreform in einem Aufruf: „Mit der Währungsreform ist die Teilung Deutschlands vollendet.“
Ludwig Erhard als Direktor des Wirtschaftsrates des Vereinigten Wirtschaftsgebietes Frankfurt hat die Währungsreform von Anfang an mit der dringend notwendigen Wirtschaftsreform verbunden. Eine unvorstellbar mutige Pionierleistung ist in diesem Zusammenhang ganz besonders hervorzuheben; sie wurde vom Kanzler der Einheit anlässlich des Festaktes „Fünfzig Jahre Deutsche Mark“ am 20. Juni 1998 in Erinnerung gebracht; Zitat: „Ludwig Erhard hat nur einen Tag nach der Währungsreform die Preisbindung weitgehend aufgehoben und damit die Märkte geöffnet. In diesem Zusammenhang steht die unvergessene Auseinandersetzung mit dem ebenso unvergessenen Lucius D. Clay, einem großen Freund Deutschlands und als General ganz gewiss kein Währungsspezialist. Als er Erhard vorwarf, er habe, was ja stimmte, in die Rechte der Alliierten eingegriffen und die Bewirtschaftungsregelungen eigenmächtig geändert, sagte dieser damals – das ist Ludwig Erhard pur: „Ich habe sie nicht geändert. Ich habe sie aufgehoben.“ Meine Damen und Herren, dies ist ein Satz, den man nie vergessen sollte!“ Somit hat Ludwig Erhard die für Deutschland wegweisende Pionierleistung der Amerikaner noch vor Gründung der Bundesrepublik Deutschland eigenmächtig, sozusagen ohne parlamentarisches Mandat, mit der Wirtschaftsreform verbunden. Es war ein Schritt in die richtige Richtung, der erste Schritt zur überaus erfolgreichen sozialen Marktwirtschaft. Die folgende Wirtschaftsentwicklung ist bekannt. Die Deutschen haben aus vielerlei Gründen ein Wirtschaftswunder bewirkt und sind zur führenden Wirtschaftsmacht und Exportnation aufgestiegen. Die Wirtschaftsentwicklung möchte ich anhand des gigantischen Zuwachses des Außenwertes der DM darstellen. Die DM hat mit einer Ausnahme nur Aufwertungen gegenüber der Weltwährung, dem US Dollar, erlebt; dies verdeutlicht nachstehende Übersicht:
Jahr 1 US $ kostete umgerechnet in DM € 1948 3,33 1,70 1949 4,20 2,15 1961 4,00 2,05 1968 3,66 1,87 1971 3,48 1,80 1973*) 2,66 1,36 1974**) 2,59 1,32 1980 1,82 0,93 1990 1,62 0,83 2000 2,12 1,08 2001 2,18 1,08 2005 0,80 2008 0,68 2010 0,75 18.08.2011 0,69
*) das System der festen Wechselkurse bricht endgültig zusammen **) es handelt sich um jeweilige Jahresdurchschnittskurse
Die DM wurde in 53 Jahren eine der stabilsten Währungen der Welt. Schon 1977 war sie die „härteste“ Währung der Welt. Gegenüber 1950 konnte sie 44 % der ursprünglichen Kaufkraft behalten, die Schweiz 42 % und die USA 40 %. Weit abgeschlagen lag die Kaufkraft westeuropäischer Nachbarstaaten. Der Außenwert der DM ist gegenüber der Weltleitwährung, dem US Dollar bis Ende 2001, also in 53 ½ Jahren, um 52,75 % gestiegen und der des EURO bis zum 18. August 2011 um 56,52 % in nur knapp 10 Jahren. Der Abschied von der DM fiel den meisten Deutschen sehr schwer. 50. Geburtstag und Abschied fielen 1998 nahezu zusammen. Der Euro (€) steckt derzeit in einer beängstigenden Krise. Die Sorgen um die Stabilität der Gemeinschaftswährung von 17 europäischen Mitgliedsstaaten sind groß, das Vertrauen der Deutschen in diese Währung schwindet, da auch die Weltleitwährung, der US Dollar, einer Krise zusteuert. Hoffentlich ist dem € ein anderes Schicksal bestimmt als dem europäischen Währungsverbund des Wiener Münzvertrages von 1857. Wünschen wir ihm alle positiven Gene seines Urahns, dem Pfennig.
Textbeitrag: Xaver Grünberger, Bankdirektor i.R. und Ehrenvorstand der Raiffeisenbank i.Südl. Bayerischen Wald eG
Literatur und Quellen: Stadtarchiv Hauzenberg Archiv des Bistums Passau R. Miller, Geschichte des Marktes und der Pfarrei Hauzenberg, Deutsche Münz- und Geldgeschichte der Neuzeit bis 1914
[1] PNP Nr. 230 vom 4.10.1984 |
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Geld gewann an Bedeutung; nun aber tauchten auch verstärkt die Schattenseiten dieser Entwicklung in unserer Region auf. Beispielhaft war hier die Initiative mutiger, weitblickender Bürger. Organisierte Selbsthilfe umgesetzt im Spar- und Darlehenskassen-Verein war die Antwort auf geldwirtschaftliche und soziale Missstände. (Abb. Notgeld aus der Zeit der Hyperinflation, Archiv der Raiffeisenbank i.Südl. Bayerischen Wald eG)
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Die Geburtsstunden der Hauzenberger BankenIm 11. Jahrhundert, in der Zeit der vermutlichen Entstehung Hauzenbergs, gab es im christlichen Europa keine einzige Bank. Heute weiß man, Geld und Banken sind nicht zu trennen. Banken erfüllen eine nicht mehr wegzudenkende volkswirtschaftliche Aufgabe. 4000 Jahre sind Einrichtungen in Ägypten und Babylon bekannt, die mit Fug und Recht als Banken bezeichnet werden dürfen, wenn sie auch mit der heutigen Form unserer Banken nur soviel gemeinsam haben wie ein Ochsenkarren mit einem Weltraumschiff. Verkauf und Tausch, also der gesamte Marktverkehr, spielte sich damals im Tempelbezirk ab. Priester waren als Staatsbeamte weit und breit die Einzigen, die des Lesens und Schreibens mächtig waren. Also schon in der Frühzeit waren Religion und Geldwesen verbandelt. In den Tempeln lagerten die Urgewichte, nach denen sich jedes Abwiegen im Lande zu richten hatte. Die weit verzweigten Hallen der Tempel bargen übrigens große Mengen an Gold und Silber, die sich in Generationen angehäuft hatten. Räumlich entfernte Geschäfte waren riskant, so erfanden die Priester des babylonischen Reiches den bargeldlosen Zahlungsverkehr. Die ausgestellte Quittung über hinterlegtes Silber und/oder Gold konnte in jedem Tempel des Reiches eingelöst, auch teileingelöst werden. So waren die ersten Banken der Geschichte gewissermaßen Unterabteilungen der Religion. In den Tempeln wurde mitunter mehr gehandelt, geboten und gefeilscht als gebetet. Daraus ist der Zorn Jesu Christi zu verstehen, der da ging zum Tempel „und trieb heraus alle Verkäufer und Käufer und stieß um der Wechsler Tische und die Stühle der Taubenkrämer“, was die Hohen Priester und Schriftgelehrten erzürnte, denn es waren auch ihre Geschäfte, die da jemand störte. Manche der Götterhäuser waren überdies eher Depositenbank als Betstätten. So häuften die persischen Herrscher ihre Schätze in Tempeln an und der gewaltige Kriegsschatz des Attischen Seebundes lagerte im Parthenonentempel auf der Akropolis in Athen. Der zunehmende Handel im Mittelmeerraum erforderte Spezialkenntnisse von Münzen verschiedener Reiche. So waren die griechischen Tempelpriester überfordert und es bildete sich ein eigener Berufsstand der Wechsler. Diese schlugen an den Handelsplätzen ihre Tische auf, prüften die Münzen und tauschten in andere um. Man nannte sie Trapisten, nach dem griechischen Wort für Tisch „Trapeza“. Noch heute heißen die Banken in Griechenland Trapeza. Hätte sich unsere Sprache hier nach dem Griechischen und nicht nach dem Römischen gerichtet, hießen die Bankiers bei uns heute Tischer. Die Römer, die als Erste in der Geschichte ihre Macht vor allem auf dem Gelde aufbauten, standen sozusagen Pate für viele Bezeichnungen. Sie nannten die Häuser privater Wechsler „Montes“, weil sich darin Berge von Gold (lateinisch: montes auri) anhäuften. Sie prägten etwa 250 v. Chr. im Tempel der Juno eine Silbermünze, den Denar, der rasch Weltgeltung erlangte. Die Göttin Juno, die als Schutzpatronin das Leben der Frauen von der Geburt bis zum Tode begleitete, hatte mehrere Beinamen. Einer davon war Moneta. Der Name ging auf die geprägte Münze über. Das englische „money“ und unser saloppes „Moneten“ haben darin ihren sprachlichen Ursprung. Unser Wort Münze ist also eine Abwandlung der Moneta. Wer Geld hat, hat heute Kohle, Diridari, Kies, Mäuse, Piepen oder Moneten und eben die Moneten waren die Münzen des alten Rom. Als sich das römische Weltreich im 4. Jahrhundert n. Chr. in Ost- und Westrom spaltete und schließlich bald darauf ganz unterging, brach auch das gesamte Wirtschaftssystem zusam- men. Für ein Reihe von Jahrhunderten sank Europa wieder in den Urzustand des Tausch- handels zurück. Zwar gab es noch Geld und hin und wieder auch Neuprägungen, aber für Geld gab es kaum etwas zu kaufen. Geldstücke wurden in inflationären Mengen geprägt. Der Handel war buchstäblich eingeschlafen, die Produktion beschränkte sich auf die Selbstversorgung innerhalb überschaubarer Grenzen. Das Geschäftsleben blühte seinerzeit nur in den nicht christlichen Gebieten. In jeder Stadt der arabischen Welt gab es den Bazar der Bankiers. Das persische Isfahan z.B. zählte ums Jahr 1050 etwa 200 Banken, während damals in ganz Europa nicht ein einziges Haus zu finden war, das den Namen Bank verdient hätte. Etwa seit dem 12. Jahrhundert, die Zeit der unseligen Kreuzzüge, entwickelte sich in Europa wieder ein Bankwesen das in Wechselstuben an zentralen Handelsplätzen ablief. In Italien nannte man diese Wechsler nicht mehr nach ihren Tischen, sondern nach den langen Banken, auf denen sie saßen und arbeiteten. In dieser Form kam das Wort nach Deutschland und ist aus dem Jahre 1474 erstmals als Bankir schriftlich bezeugt. Damals war Florenz die größte Handelsmacht. In Florenz wurde der Gulden 1252 und in Venedig 1284 der Dukaten erstmals geprägt. Etwa 200 Jahre später wurde 1486 das Handelshaus Fugger vom Augsburger Rat erstmals als „Bank“ bezeichnet. Die Bayerische Hypotheken- und Wechselbank wurde 1835 in München und die Deutsche Bank 1870 in Berlin gegründet. Diese Institute gründeten nach und nach Niederlassungen in größeren Städten. Die Stadtsparkasse Passau wurde 1840 ins Leben gerufen. Der ländliche Raum blieb dabei außen vor. Private Geldverleiher und Zinswucherer übervorteilten viele Bauern und Handwerker. Arbeiter hatten kaum einen Zugang zu Geldverleihern. Als Folge der Großmachtbestrebungen Preußens und Österreichs, der Gründung des deutschen Zollvereins 1833/34 und der beginnenden Industrialisierung war auch auf dem Lande der Übergang von der Natural- in die Geldwirtschaft eine notwendige Konsequenz. Kapital als 3. Produktionsfaktor wurde in der arbeitsteiligen Industriegesellschaft immer wichtiger. Gehen wir in Gedanken in das Jahr 1895 zurück. Es war die Zeit, in der es besonders für die ländliche Bevölkerung außerordentlich schlecht stand. Geld- und Zinswucher trieben ein böses Spiel. Hauzenberg war davon nicht ausgenommen. Die Not forderte überall ihren Tribut. Dass da und dort auch in Niederbayern schon vereinzelt Spar- und Darlehenskassen-Vereine nach dem Prinzip Raiffeisens gegründet waren, ließ die Bürger von den Märkten im Bezirksamt Wegscheid aufhorchen. Galt es doch auch hier durch gemeinschaftliches Handeln günstige Einkaufs- und Kreditquellen zu schaffen, um die Not des Einzelnen zu lindern. Warum sollte das System der organisierten Selbsthilfe in Hauzenberg nicht genauso Früchte tragen? Das mögen wohl Pfarrer Sebastian Rothenaicher und Kooperator Max Söldenwagner gedacht haben, als sie die Initiative ergriffen und die Marktbürger in den Gottinger-Saal einluden. Ein denkwürdiger Tag, der 3. März 1895. 67 Bürger waren der Einladung gefolgt und gründeten einen Spar- und Darlehenskassen-Verein. Das war die Geburtsstunde der ersten und noch heute alleinigen selbständigen Bank Hauzenbergs. Die 1. Satzung haben 67 Mitglieder unterschrieben. Mitglied Nr. 1 war Eugen Anetzberger, Bauer in Jahrdorf und 1. Vorstand bis 1912, und Mitglied Nr. 67 Johann Zimmermann, Häusler in Mahd. Schon am 26. März 1895 wurde die neugegründete Bank im Genossenschaftsregister des Kgl. Bayerischen Amtsgerichts Passau eingetragen. Die beiden geistlichen Geburtshelfer, Pfarrer Rothenaicher und Kooperator Söldenwagner wurden unter den Mitgliedsnummern 45 und 49 in der amtlich geführten Liste der Mitglieder vermerkt. Ein Rückblick auf die Anfänge genossenschaftlicher Entwicklung im damaligen Bezirksamt Wegscheid veranschaulicht den Mut, die Ausdauer und den Fleiß, mit dem die Gründer an ihre große Aufgabe herangegangen sind, die trotz aller begründeten Hoffnung auf eine bessere Zukunft nicht sofortigen Erfolg versprach. Schwierigkeiten der verschiedensten Art mussten aus dem Weg geräumt werden, bis das genossenschaftliche Bankwesen Fuß fasste und das volle Vertrauen der Bevölkerung erwarb. Die genossenschaftliche Idee wollte nicht systemverändernd wirken, sondern Antwort geben auf die tatsächlichen Bedürfnisse und Drangsale der Bevölkerung. Sie wirkte zugleich auf der sozialen Ebene durch die Hinführung zu Solidarität und gegenseitiger Unterstützung. Ihr Einfluss auf die wirtschaftliche und soziale Entwicklung eines Teilgebietes des südlichen Bayerischen Waldes war groß. Bis 1932 hatten 8 Kooperatoren die verantwortliche Stelle des Geschäftsführers (damals Rechnerstelle) inne. Der wohl bedeutendste Rechner war Kooperator Johann Voggesberger (* 1882 + 1949). Der gebürtige Rottaler übernahm das Rechneramt 1914, welches er in der schwierigen Zeit der Deflation 1930 abgab. Er überstand in nur 15 Jahren seiner hauptverantwortlichen Tätigkeit den 1. Weltkrieg, den größten Betrug am Sparer durch die Inflation 1923, die Weltwirtschaftskrise und die darauf folgende Deflation (Geldverknappung und drastischer Preisverfall der Sachwerte). Über die heute unvorstellbar schwere Zeit der Inflation und der Weltwirtschaftskrise berichtet das Protokoll über die Generalversammlung des damaligen Darlehenskassen-Vereins von 1930 anlässlich der Verabschiedung und des 35-jährigen Bestehens der Bank: „Die Inflationszeit war eine Periode aufreibendster Arbeit, größter Sorge und allgemeiner Ungewissheit. Die nachher folgenden umfangreichen Aufwertungsberechnungen und die vielen nach Lage der Sache geäußerten und unverdienten Vorwürfe, der an sich ja zu bedauernden Sparer und das vielfache Sträuben der Schuldner, noch etwas zu leisten, bedeuteten eine harte Geduldsprobe.“ Während seiner Leitungstätigkeit wurde am hiesigen, heute stillgelegten Bahnhof ein Lagerhaus und 1929 das heutige, sehr zentral gelegene Geschäftslokal am Marktplatz erworben. Die Buslinie von Hauzenberg nach Passau wurde im Jahre 1925 von Kooperator Voggesberger begründet und betrieben. Anfang der 1920er Jahre des letzten Jahrhunderts bekam die Bank mit einer Vereinsbankfiliale einen Mitwettbewerber. Diese Bank leitete ein aus Wegscheid stammender August Weidinger, der die Bank ab 1924 bis zur zwangsweisen Schließung in der Weltwirtschaftskrise als Privatbank führte. Derselbe August Weidinger hat sich dann 1932 um die Rechnerstelle beim Darlehenskassen-Verein beworben. Die turbulente Generalversammlung vom 18.12.1932 gab jedoch dem vom Prüfungsverband empfohlenen Josef Stiegler den Vorzug. Stiegler bekam 112 Stimmen, auf August Weidinger fielen 70 und 34 enthielten sich oder nahmen an dieser wegweisenden Abstimmung in der Versammlung trotz Anwesenheit nicht teil. Vermutlich hatte die Mehrheit der Mitglieder die Pleite der Privatbank Weidinger noch gut in Erinnerung und traute ihm die verantwortliche Leitung der genossenschaflichen Bank nicht zu. Der Darlehenskassen-Verein steckte selbst in einer Krise, da viele Banken pleite machten und staatliche Hilfen nicht gewährt wurden. Kein Vergleich zu heute! Erwähnt seien in diesem Zusammenhang die 13,75 Milliarden € für die der bayerische Steuerzahler seit 2009/10 haften muss. Wohlgemerkt, die BayernLB ist nur eine halbstaatliche Bank. Sie gehörte bis zur bestandserhaltenden Haftungsübernahme durch den Freistaat Bayern auch den bayerischen Sparkassen zu 50 %. Wie heißt es doch in Art. 14 des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland? Eigentum verpflichtet! Die bayerischen Landespolitiker haben sich daran nicht orientiert; denn das Land Bayern brachte 97 % der notwendigen Mittel auf und die andere Eigentümergruppe nur 3 %. Bleibt zu hoffen, dass die EU-Kommission diesen „Deal“ auf Dauer nicht akzeptiert. Zurück zur Hauzenberger Bank! An der wirtschaftlichen und verkehrsmäßigen Erschließung hat die Bank einen großen Anteil. 1902 bedeuteten Planung und Bau der Bahnstrecke Hauzenberg-Passau den Anschluss an die große, weite Welt. Die Organe der noch jungen und kleinen Bank erkannten schnell die wirtschaftlichen Vorteile der neuen Eisenbahnlinie und gewährten zum Bau dieser land- schaftlich sehr reizvollen und aufwendigen Trasse Darlehen von 60.000 Mark zu günstigen Bedingungen an die ansässigen Granitbetriebe und die Marktgemeinde Hauzenberg. Die Geldmittel im Bayerischen Wald waren besonders knapp, so hatte die damals noch in den Kinderschuhen steckende Bank in der Bilanz 1901 nur Kredite ausgewiesen von rd. 200.000 Mark. Die Finanzierung dieses Großprojektes war für die wirtschaftliche Erschließung des südlichen bayerischen Waldes eine herausragende Pionierleistung der damaligen Bankfüh- rung. Infolge dieser für Hauzenberg wichtigen Infrastrukturmaßnahme ist im Laufe des Geschäftsjahres 1902 das Kreditvolumen um knapp 50 % ausgeweitet worden. Wie vorstehend schon erwähnt, wurde von Kooperator Voggesberger 1925 die 1. Omnibuslinie Hauzenberg-Passau mit einem eigenen Omnibus betrieben. Infolge der außerordentlich hohen Arbeitslosigkeit Ende der 1920iger Jahre verringerte sich der Berufspendelverkehr dramatisch, die Linie wurde unrentabel und 1929 an die Firma Niedermayer in Passau für 45.000 Mark verkauft. Hauzenberg war Notstandsgebiet und erst 1933 hörte man in den vielen Steinbrüchen wieder hämmern, brechen und spalten. Wie vorstehend schon vermerkt bestand zwischen der Marktgemeinde und der jungen Bank schon 1902 eine nachweisbare Geschäftsverbindung. Die Bank gewährte dem Markt ein Darlehen von 40.000 Mark zum Bahnbau. Die Marktgemeinde wurde aber erst 1921 Mitglied der Bank. Aus dieser Zeit ist auch ein überaus interessanter Schriftwechsel zwischen Markt und dem Rechner Voggesberger archiviert. Er ist auch ein Beweis für die hervorragende Urteilskraft des geistlichen Bankleiters. Nachfolgend drei Schreiben:
1. Gemeinderatsbeschluss vom 23. März 1922 Das mit Gemeinderatsbeschluss vom 24. Juni 1921 eröffnete Konto in laufender Rechnung mit Inanspruchnahme eines Kredites über 40.000 Mark wird beim Darlehenskassen-Verein zurückgezogen und auf die Bayerische Vereinsbank, Filiale Hauzenberg übertragen. Begründung: Die Bayerische Vereinsbank, hier Filiale Hauzenberg ist z. Zt. die einzige mündelsichere Bank im Sinne der Min.Bek. vom 13. Mai 1905, Ziff. 20 in Hauzenberg und hat im Jahre 1920 der Gemeinde Hauzenberg ein größeres Darlehen zu noch sehr günstigen Bedingungen bereit gestellt, weshalb als Anerkennung hierfür auch die weiteren Geldgeschäfte mit der genannten Bank abgewickelt werden. Die Übertragung des Kontos erfolgt ab 1. April 1922. Hauzenberg, den 25. März 1922 gez. Andraschko, Bürgermeister
1. Schreiben der Marktgemeinde an den Darlehenskassen-Verein mit der Bitte um Errichtung eines Kontos zum 1. April 1923 (ohne Datum) Betreff: Errichtung eines Kontos in laufender Rechnung für die Schulkassa Der verstärkte Gemeinderat hat in seiner Sitzung vom 23. März 1923 mit Mehrheit beschlossen, für die Schulkassa Hauzenberg ein Konto in laufender Rechnung zu eröffnen und zwar mit Inanspruchnahme eines Kredites von 1.000.000 Mark, da die Ausgaben für die Schulkassa so groß sind, dass sie aus vorhandenen Einnahmen nicht gedeckt werden können. Wir stellen deshalb das Ersuchen um gefl. Mitteilung, ob der Gemeinde der gewünschte Kredit gewährt wird, und um Überlassung der Bedingungen. Bemerkt wird, dass der Kredit nicht auf einmal in Anspruch genommen wird, sondern nur bei Bedarf. Das Konto soll am 1. April 1923 bei Beginn des Rechnungsjahres eröffnet werden. Um Überlassung eines Konto- und Scheckbuches wird ersucht. (ohne Grußformel) Stemplinger, Bürgermeister
1. Antwortschreiben vom Darlehenskassen-Verein Hauzenberg, am 9. April 1923 An die Marktgemeindeverwaltung Hauzenberg
Betreff: Geschäftsverbindung Zum bez. Betreff und den Antrag auf Kreditgabe zu 1 Million verweisen wir höflich darauf, dass Geschäftsverbindung bereits bestand (Gem.R.Beschluß vom 24.6. 21) aber gemeindlicherseits wieder gelöst wurde (Gem. R. Beschluss v. 23.3.22 mit 15 gegen 0 Stimmen). Ein Anlass hierzu wurde unsererseits nicht gegeben. Die 2 angeführten Gründe sind nicht stichhaltig; denn: 1. War ja ausdrücklich staatsaufsichtliche Genehmigung erteilt und handelte es sich um Kreditnahme und nicht Kreditgabe, so dass der Vorwurf der mangelnden Mündel- sicherheit ohne Weiteres hinfällig ist. 2. Wenn verwiesen wurde, dass die hiesige Vereinsbankzweigstelle i.J. 1920 ein günstiges Darlehen gegeben habe und als Anerkennung hierfür auch die weiteren Geldgeschäfte mit der genannten Bank abgewickelt würden, so war doch dies auch schon bekannt, als 1921 der Verein zwecks Kreditgabe in Anspruch genommen wurde. Mit Rücksicht auf die damalige unbegründete, schroffe und verletzende Abfertigung hat die Vorstandschaft in gestriger Sitzung eine Wiederaufrichtung der Geschäftsverbindung als nicht wünschenswert abgelehnt. Darlehenskassenverein Hauzenberg e.G.m.u.H gez. Johann Voggesberger
Mit dem Beschluss vom 23.3.1922 ist der Marktgemeinderat unter Bürgermeister Andraschko einem schlechten Ratgeber gefolgt. Vermutlich hat August Weidinger aus falsch verstandener Konkurrenz beim Bürgermeister und allen Gemeinderäten den für die Aufnahme eines Kredites deplatzierten Hinweis über die Mündelsicherheit gegeben und damit die Beschlussgrundlage zur Farce gemacht. Ein Zeugnis dafür, dass der ehrenamtliche Banker den damals hauptberuflich tätigen Banker der Vereinsbankzweigstelle fachlich überlegen war. Genau ein Jahr später hat der Marktgemeinderat unter Bürgermeister Stemplinger die Wiedereröffnung eines Kontos und die Aufnahme eines Kredites beantragt. Mit der Ablehnung dieses Antrages hatte Voggesberger auch Glück; denn zum Ende der Hyperinflation im November 1923 brauchten öffentliche Schuldner keine Kredite zurückzuzahlen. Nach dem 2. Weltkrieg kamen zahlreiche Heimatvertriebene aus dem Sudetenland und anderen Ostgebieten in den Markt Hauzenberg. Zur Währungsumstellung am 20. Juni 1948 wurden der Bank unzählige Sparbücher aus allen Ostgebieten zur Umstellung auf DM eingereicht. Der nach der Währungsreform 1948 einsetzende wirtschaftliche Aufschwung machte sich auch in Hauzenberg bemerkbar. Viele Betriebe wurden von den Heimatvertrieb- enen neu errichtet, bestehende modernisiert und ausgebaut. Die Mittel hierzu stellte im wesentlichen die Bank zur Verfügung. Damals hieß sie noch Genossenschaftsbank. In der 116-jährigen Geschichte hat die Bank den Firmennamen mehrmals geändert, und zwar vom Darlehenskassen-Verein über die Genossenschaftsbank zur jetzigen Raiffeisenbank. Von älteren Mitbürgern des Stadtgebietes wird die Bank traditionsgemäß mit dem wohlklingenden Beinamen, der „Verein“ bezeichnet. Das Genossenschaftsrecht wurde im deutschen Kaiser- reich aus dem Vereinsrecht entwickelt und ist älter als das Bürgerliche Gesetzbuch. Von einigen wenigen wurde 1945 der Begriff „Erdäpfel-Bank“ geprägt. Der tiefere Sinn dieser Wortbedeutung ist alles andere als ein ironischer oder gar spöttischer. In Anlehnung an die Grundsätze der christlichen Soziallehre und der helfenden Subsidiarität von Friedrich Wilhelm Raiffeisen hat die damalige Genossenschaftsbank am Marktplatz an die notleidende, hungernde und neue Bevölkerung im Rahmen ihrer Zuteilungen und Möglichkeiten Speisekartoffel verteilt. Der amerikanische Besatzungs- und Finanzoffizier Dalton hat diesem Tun und auch den Bankgeschäften ein jähes Ende gesetzt. Die Bank wurde kurzerhand geschlossen. Es war die einzige Bankschließung infolge hoheitlicher Verordnungsmacht.
Heute sind im Stadtgebiet 7 Bankstellen beheimatet, davon 5 von drei unterschiedlichen Genossenschaftsbanken und 2 von der Sparkasse Passau. Der vormaligen Kreissparkasse Passau-Wegscheid wurden mit Schreiben des Bayerischen Finanzministeriums vom 9.2.1954 zweiwöchentliche Sprechtage in Hauzenberg genehmigt. Dieser Zahlstelle wurde dann am 2.8.1957 die Genehmigung zur Führung einer zeitlich unbeschränkten Hauptstelle erteilt. Die vormalige Volksbank Passau, die 1900 gegründet wurde, eröffnete 1977 in Hauzenberg eine Zweigstelle. Überall in der Wirtschaft werden größere Einheiten gebildet. Dies geschieht vornehmlich durch Kauf, Übernahmen und Fusionen. So auch bei der Raiffeisenbank. Der Pfarrort Haag hatte einen eigenen Darlehenskassen-Verein, der in der Generalversammlung vom 11.9.1938 mit Hauzenberg verschmolzen wurde. Auch der Raiffeisenkasse Sonnen wurde vom Prüfungsverband, dem damaligen Bayerischen Raiffeisenverband, eine Fusion mit Hauzenberg nahegelegt, die in der Generalversammlung vom 27. Juli 1968 beschlossen wurde. 1992 fusionierten die Raiffeisenbanken Hauzenberg-Sonnen und Untergriesbach- Obernzell zur heutigen Raiffeisenbank i.Südl. Bayerischen Wald eG. Dieses Institut zählt zu Hauzenbergs besten Gewerbesteuerzahlern.
Schwindender Geldwert durch Inflationen und neue WährungenUmgangssprachlich spricht man von Inflationsrate und Geldwertstabilität. Die Preisstabilität wird dabei sehr häufig mit dem Ausdruck „Inflationsraten“ klassifiziert. Oft aus Bequemlichkeitsgründen wird in der Begriffswahl nicht differenziert. Wenn nachfolgend von Inflationen die Rede ist, so sind Inflationsraten von vielen hundert, ja sogar tausend Prozenten gemeint. Mit dem Begriff Inflation sind schleichende, trabende und galoppierende Geldwertverluste umschrieben. Die Spitze der Inflation wird in der Hyperinflation gesehen, die meistens eine Währungsneuordnung nach sich zieht.
Störungen des Geldwertes hat es zu allen Zeiten gegeben. Die Geldmenge wird aufgebläht, also vermehrt und es steht kein entsprechender volkswirtschaftlicher Produktionszuwachs gegenüber. Das Wort Inflation verbinden wir zuallererst mit der Hyperinflation von 1923, als Folge des verlorenen 1. Weltkrieges. Ein Blick in die Geschichte zeigt, dass insbesondere nach Kriegen das Geld weniger wert wurde. Der Wert des Geldes entspricht der Gütermenge, die man damit erwerben kann. Man bezeichnet ihn deshalb als Kaufkraft. Geldwert und Preise stehen zueinander im umgekehrten Verhältnis. Ein amerikanischer Volkswirtschaftler hat diese Erkenntnis in seiner Verkehrsgleichung Anfang des letzten Jahrhunderts so ausgedrückt: G x U = H x P (G=Geldmenge; U=Umlaufgeschwindigkeit; H=Handelsvo- lumen bzw. Gütermenge und P=Preis). Erinnern wir uns an Karl d. Großen! Er hat seinem Sohn Ludwig den Schwur abverlangt, niemals eine Münzverschlechterung zuzulassen und auch sein alleiniges Münzrecht nicht zu teilen. Das Benediktinerkloster in Prüm war im Karolingerreich die erste nichtstaatliche Prägestelle. Nach 861 wurden an vielen Orten mit und ohne hoheitlichem Prägerecht Pfennige schweren Gewichts aussortiert, eingeschmolzen und im Ergebnis entstand eine neue Münzsorte geringeren Wertes mit örtlichem Charakter. Im Volksmund entstand der Spruch: „Der Pfennig gilt nirgend mehr, als wo er geschlagen ist.“ In den überschaubaren, lokal begrenzten Wirtschaftsgebieten musste der Pfennig angenommen werden, obwohl er im Gewicht reduziert war. Erst in späteren Jahrhunderten, als die Staatsmacht, vornehmlich Preußen, dazu überging Scheidemünzen zu prägen und deren Annahme für Steuerzahlungen verweigerte, wurde der Spruch umgedreht. Jetzt hieß es „Wo der Pfennig gschlogn is, da gilt er nix!“ Die Gewichtsunterschiede der Pfennige hatte die Ursache in der nicht ausgereiften Prägetechnik. Diese Art der Geldentwertung nannte man Kippen und Wippen. Sie war gemessen an späteren Kaufkraftrückgängen sehr gering. So verschlechterte sich der Pfennig auf Silberbasis in 200 Jahren bis zur ersten Jahrtausendwende nur um etwa 10 %. In der Folgezeit kam es zu Halbierungen und Viertelungen der Pfennige. Aus dieser Zeit stammt wahrscheinlich der Spruch: „Er trägt sein Scherflein bei.“ Nach slawischen Sprachgebrauch wurde ein Scherf geschlagen, daher auch unser deutsches Wort „Scherbe“. Eine andere Redewendung hängt auch damit zusammen: „das ist keinen Deut wert.“ Der Ursprung dürfte ebenfalls in der Teilung des Pfennigs liegen und kommt aus dem Niederländischen, es stand für das „Abgehauene“. Die erste sog. galoppierende Inflation ist aus der Zeit des Bruderzwistes im Hause Habsburg bekannt (1457-1460). Der Dichter des Werkes „König Ottokars Glück und Ende“, Franz Grillparzer hat hierüber berichtet. Die Machtkämpfe kosteten viel Geld und dieses wurde sozusagen der breiten Bevölkerung abgehäutet. Es war die „Zeit der Schinderlinge“. Der Goldgulden, der immer im festen Wertkorridor zum umlaufenden Geld war, stieg um das 16,6-fache an. Im Umkehrschluss entwertete sich das allgemeine Geld um 94 %. Insofern hat die deutsche Währungsreform vom 20. Juni 1948 in der Geldgeschichte eine Patin. Alte Reichsmarksparguthaben wurden damals um 93,5 % abgewertet. Die Mächtigen trieben mit dem Volk Schindluder und häuteten das Geld des Volkes immer wieder, bis schließlich nichts mehr übrig blieb (Schinder, Schinderlinge). Der staatliche Diebstahl führte zur Verarmung breiter Volksschichten und in der Folge zu großen Unruhen und auch Neuerungen. Es war die Zeit Wilhelm Tells, die Zeit der Abspaltung und Staatsgründung der Eidgenossenschaft (Schweiz). Die Schweiz war bis 1806 währungsmäßig dem deutschen Reich und bis 1850 dem deutschen Bund verbunden. Als absehbar war, dass Preußen die Aufnahme Österreichs in den Währungsverbund verhindern bzw. hinausschieben wollte, stellte die Schweiz auf Frankenwährung um. Vor dem 30-jährigen Krieg zwischen der protestantischen Union und der katholischen Liga wurden enorm hohe Geldmittel für die Rüstung ausgegeben. Es kam die Kipper- und Wipperzeit und das sog. „böse Geld“. Gustav Freitag, der Autor des Kaufmannsromans „Soll und Haben“ hat in seinem Werk „Bilder aus der deutschen Vergangenheit“ diese Zeit beschrieben. Andere schriftliche Zeitzeugen fehlen ganz. Fürsten und Kleinstaaten prägten Kippermünzen und verweigerten die Annahme dieses Geldes für Abgaben- und Steuerzahlungen. 160 Jahre später tat es ihnen Friedrich der Große nach. Auf dem Höhepunkt des Geld- und Prägeausstosses fiel der Kreuzer 1622 um 90 % seines ursprünglichen Wertes. Der Kreuzer galt als Geld der kleinen Leute. Von der rasanten Entwertung waren nicht betroffen: Groß- und Fernhandel, Spezies-Taler und Dukaten. Zwischen „bösem“ und „gutem“ Geld verlief ein ähnliche Linie wie zwischen Unterdrückten und Unterdrückern. Schwer vorstellbar ist die Empörung in der Bevölkerung. Genau 300 Jahre nach dem Ende des Infernos von 1648 lag Deutschland wieder in Schutt und Asche und das Geld war nochmals um einen Teil weniger wert als damals. Die 2. Kipper- und Wipperzeit war kurz nach den Türkenkriegen (1683) in Österreich. Es wurden wertlose neue Münzen in den Umlauf gebracht. Die Zeit des Reichs-Spezies-Talers aus 1566 ging endgültig zu Ende. In der Folgezeit hat Österreich erstmals auch eine Papierwährung eingeführt und diese dann 1811 durch das sog. „Bankrottpatent“ auf ein Fünftel abgewertet. Preußen hat nach dem 7-jährigen Krieg gegen Österreich (1763) eine Entwertung bis zu 65 % vorgenommen, um dann schon nur nach 16 Jahren erneut minderwertige Groschen zu prägen. Währungspolitischen Betrug hat es immer wieder gegeben. Wenn der 1. Weltkrieg den Anfang vom Ende der Gold- bzw. Markwährung bedeutete, so waren die Folgen verheerend. Die Kriegskosten waren unvorstellbar hoch, ebenso die Kriegsentschädigungen, die Deutschland nach dem Versailler Friedensschluss den Alliierten zahlen musste. Aus der schleichenden wurde die galoppierende Inflation, diese mündete in die Hyperinflation, die in der Geschichte ohne Beispiel ist. Die Reichsbank und andere Banken mit Emissionsrecht kamen mit dem Gelddrucken und dem Aufdruck stets höherer Nennwerte gar nicht mehr nach - von 1.000 zu 10.000, von 100.000 zu Millionen, von Millionen zu Billionen-Mark. Zuletzt kostete am Nachmittag ein Pfund Brot etwa das Doppelte, das es am Vormittag gekostet hatte. Im Oktober 1923 kostete ein Laib Roggenbrot 277 Millionen Mark. Die örtliche Genossenschaftsbank, der damalige Darlehenskassenverein legte zum 25-jähr- igen Bestehen die Bilanz 1919 vor. 1914 verwaltetet die noch junge Bank Vermögenswerte von 887,8-tausend Mark bei einem Eigenkapital von 13,7-tausend Mark. Als Folge der reichsstaatlichen Ausgaben- und Geldpolitik während des 1. Weltkrieges verdoppelten sich die Vermögenswerte bis Ende 1919 um dann bis zum 15.11.1923 in einem astronomischen Zahlenwirrwarr zu enden. In der nachfolgenden Übersicht wird die zahlenmäßige Entwicklung der Vermögenswerte aus den Bankbilanzen für den Zeitraum 1913 bis 1923 in Reichsmark dargestellt:
1913 887.800 Tausend 1919 1.820.600 Million 1921 3.539.800 Million 1922 175.582.600 Million 1923 5.844.770.008.239.900 Billiarde
Auf dem Höhepunkt der Inflation galt nachfolgende Gleichung: 1 Dollar = 4,2 Billionen-Mark ( 4.200.000.000.000 Mark)
Das Billiardenvermögen der Bank war nach der Währungsreform am 16.11.1923 nur mehr 1.392 US $ wert. Hätten die Hauzenberger Sparer 1913 alles in Dollar angelegt, so hätten sie 1924 207.929 Dollar auf der hohen Kante gehabt. Was konnte an Geldvermögen bis 1924 in Hauzenberg gerettet werden? Es waren bescheidene 1.392 $ oder nur 0,67 %. Der vorsteh- ende Prozentsatz gilt nicht allgemein. Nur die Bank konnte 0,67 % ihres Geldvermögens retten, der/die Sparer verloren zunächst alles. Es gab keine Entschädigung. Auf ein Kuriosum aus dieser Notzeit bleibt hinzuweisen! Die örtliche Genossenschaftsbank hatte die staatliche Berechtigung, Notgeld auszugeben. Münzen und Geldscheine sind traurige Zeitzeugen.
Nur knapp 25 Jahre später erfolgte auf geheim gehaltenen Beschlüssen der alliierten Kontrollkommission in den 3 Westzonen Deutschlands eine erneute Währungsneuordnung. Am 20. Juni 1948, es war ein Sonntag, wurde die Deutsche Mark (DM) eingeführt und die seit dem Kriegsende übliche Zigaretten-Ersatzwährung abgelöst. Mit dem Geld des Dritten Reiches konnte sich niemand etwas kaufen. Die drei westlichen Siegermächte hatten sicher die währungspolitische Dramatik der Hyperinflation von 1923 vor Augen und überließen die Preisfindung nicht den Marktkräften von Angebot und Nachfrage. Während der Währungsreform von 1923 eine galoppierende Inflation von nie dagewesenem Ausmaß vorausging, war die Neuordnung 1948 gekennzeichnet von einer zurück gestauten Inflation. Infolge staatlicher Preisvorschriften blieben die Preise relativ stabil, aber der Realwert der Reichsmark sank ins Bedeutungslose, der Schwarzmarkt blühte und die Marktteilnehmer wichen auf sog. Hilfswährungen aus. Unter den deutschen Truppen entwickelte sich seit 1941 daher die sog. „Zigarettenwährung“. Sie war in der Lage, alle Geldfunktionen zu erfüllen und ermöglichte eine stabile Basis im Tauschhandel, der sich überwiegend auf dem Schwarzmarkt abspielte. Auf dem sog. „grauen Markt“ war nicht der Handel gegen Bezahlung üblich, sondern der Warentausch. Ab dem 20. Juni 1948 konnte jeder Bürger der drei Westzonen Deutschlands gegen Hingabe von Reichsmark 40 DM Kopfgeld als Erstausstattung erhalten. Die Erstausstattung wurde dann im Herbst 1948 um 20 DM auf 60 DM erhöht, um den Bargeldverkehr funktionsfähiger zu machen. Altsparguthaben wurden letztendlich nur mit 6,5 % in DM gewandelt. Immerhin waren es 6,5 % des guten Geldes, während 1923 alles verloren war. Diese 6,5 Prozent waren aber auch noch nicht vorhanden. Sie mussten erst von der 1949 gegründeten Bundesrepu- blik Deutschland (BRD) erarbeitet werden. So schuldete z.B. die BRD der Hauzenberger Raiffeisenbank aus der komplizierten Umstellungsrechnung vom Juni 1948 sog. Ausgleichsforderungen in Höhe von ca 223 000 DM , die mit 3 % verzinst und in kleinen Raten getilgt wurden. Erst zur Wiedervereinigung Deutschlands 1990 wurden die restlichen Ausgleichs- und Deckungsforderungen aus der Währungsumstellung 1948 ganz getilgt. Aus der Summe aller Vermögenspositionen der Raiffeisenbank zum 20.6.1948 von 6.206.207,42 RM wurden zum 21.6.1948 nur 448.029,39 DM oder 7,22 %. Von den 448.029,39 DM schuldete die spätere BRD sage und schreibe 408.400 DM der örtlichen Raiffeisenbank.
Dank: Für die bereitwillige Unterstützung meiner Arbeit, insbesondere der notwendigen Nachforschungen möchte ich mich herzlich bedanken bei Frau Emmi Federhofer, die mir die gewünschten Unterlagen aus dem Stadtarchiv von Hauzenberg kopiert und teilweise übersetzt hat. Ferner hat mir Herr Dr. Herbert Wurster vom Diözesanarchiv Passau in einem persönlichen Gespräch wichtige Hinweise gegeben. Die Abbildungen historischer Münzen stammen vom Archiv der Deutschen Bundesbank Frankfurt/M und vom Diözesanmuseum Passau. Beide Archive waren mit der kostenfreien Veröffentlichung einverstanden, dafür gebührt ihnen mein herzlicher Dank. Textbeitrag: Xaver Grünberger, Bankdirektor i.R. und Ehrenvorstand der Raiffeisenbank i.Südl. Bayerischen Wald eG
Literatur und Quellen: Stadtarchiv Hauzenberg Archiv des Bistums Passau R. Miller, Geschichte des Marktes und der Pfarrei Hauzenberg, H. Rittmann, Deutsche Münz- und Geldgeschichte der Neuzeit bis 1914
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